„Mauldäschle“ aus leckerem Marzipan

In der Marzipan- und Schokoladenmanufaktur in Bad Liebenzell ist alles Handarbeit. Bevor die Figuren aus der traditionellen Mandelmasse in den Verkauf gehen, werden sie „geschminkt“

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Sie sehen aus wie echte Maultaschen. Doch statt Nudelteig sind die „Mauldäschle“ aus der Schokoladenmanufaktur in Bad Liebenzell aus feinstem Marzipan. Ohne Fleischfüllung versteht sich, stattdessen mit einer zarten Nougatcreme. Bewundernswert, was in dem beschaulichen Kurort im nördlichen Schwarzwald so alles aus der traditionellen Mandelmasse in Handarbeit gefertigt wird. Die Herstellung der immer wieder neuen und ausgefallenen Marzipan- und Pralinenkreationen erfordert großes handwerkliches Geschick. Nilpferde, Mäuse, Dinos und Turteltäubchen stehen auf großen Blechen bereit. Sie warten darauf ‚geschminkt‘ zu werden. So nennen es die Konditorinnen und Konditoren, wenn sie einer Figur aus Marzipan das zarte Finish verpassen, um das Charakteristische aus Hund, Katze, Maus oder Glücksschweinchen herauszuholen. Das Marzipanherz wird ebenso aufgehübscht wie der Schinken für das „Veschperbrettle” und das Weißwurstpärchen. Auch der kleine grüne Traktor und auch das „Äffle auf der Banane” bekommen ihr typisches Make-up. Mehr als 300 verschiedene Motive werden in der Manufaktur produziert. Tiere, Pflanzen, Fun-Figuren, Autos und Lebensmittel und auch Kurioses, wie zum Beispiel strickende Omas oder Marzipan-Popos mit Herz-Tattoo.

Schweinchenrosa aus der Farbpistole

Marzipanrohmasse ist von Natur aus beige. Damit ein Glücksschwein rosa wird, wird es mit einer kleinen Airbrush-Pistole farbig besprüht. Ebenso ergeht es allen anderen Figuren, die aus dem edlen Mandelteig, der, wie auch die Schokolade, direkt aus der Marzipan-Hochburg Lübeck kommt, gefertigt werden. Fragile Teile, wie zum Beispiel Rosenblätter, werden dagegen in der Regel komplett durchgefärbt statt angesprüht. Nach der Trocknung werden sämtliche Feinheiten, Fältchen, Ornamente, Augen und Münder mit einem feinen Pinsel aufgetragen. Die Augenpaare bestehen aus einem Kleks Eiweiß. „Wir fertigen hunderte bis tausende von Figuren in der Woche. Die Kunst besteht darin, dass nachher alle gleich aussehen. Das muss schnell gehen, aber man darf trotzdem nicht hudeln“, sagt Inhaberin Andrea Matt. Routiniert haben die insgesamt 16 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in wenigen Minuten ein ganzes Blech verziert.


Vier Tonnen Schokolade

Geformt werden die Figuren überwiegend mit Hilfe einer Klappform. Ähnlich wie bei einer Hebel-Zitruspresse wird die Marzipan-Rohmasse in die Presse mit der entsprechenden Kunststoff-Form eingelegt und per Hand gepresst. „Was so einfach aussieht, erfordert jedoch ein ganz spezielles Gefühl für den Druck“, erklärt Andrea Matt. Sie selbst ist keine Konditorin, sondern Betriebswirtin. „Um zu wachsen, ist es wichtig, sich mit den betriebswirtschaftlichen Themen zu befassen. Deshalb haben wir kürzlich ein professionelles Warenwirtschaftssystem eingeführt.” Mehr als 16 Tonnen Marzipan und vier Tonnen Schokolade werden in ihrem Betrieb pro Jahr verarbeitet. Allein 50.000 Glücksschweinchen werden zwischen Juli und Dezember produziert. „Das geht nicht mehr ohne strukturiertes Management.“
Die „Mauldäschle“ sind der unangefochtene Renner unter den Marzipanprodukten. Sie werden von vielen Städten in ganz Baden-Württemberg bestellt. Bruchschokolade, Schokoladentafeln, 60 verschiedene Sorten Pralinen, Nougat und schokolierte Trockenfrüchte – man kann sie in Bad Liebenzell nicht nur kaufen, sondern auch bei der Produktion zusehen, die vom Verkaufsraum durch eine große Glasscheibe getrennt ist. Andrea Matt führt von Frühjahr bis Herbst fast jeden Tag ein bis drei Gruppen durch die gläserne Produktion. Nahaufnahmen werden über einen Monitor im Laden eingespielt. Besucher können dann live sehen, wie Pralinen und Figuren geformt, besprüht, verziert und konfektioniert werden.

Herausragende Qualität der Rohstoffe

Auf technischen Schnickschnack verzichtet die Manufaktur. Hier ist alles reine Handarbeit. Für den Dekor der Pralinen werden aus kleinen zugeschnittenen Pergamentbögen die Spritztüllen geformt: einrollen, Spitze abschneiden, los geht’s. „Das braucht Feingefühl und ganz viel Übung“, sagt Andrea Matt. Auf die Auswahl der Rohstoffe legt man in der Manufaktur besonderen Wert. „Wenn Sie mich nach unserem Alleinstellungsmerkmal fragen, dann ist es neben unserem handwerklichen Können die Auswahl erstklassiger und edler Rohstoffe. Wir befinden uns in einem mittel- bis hochpreisigen Segment. Unser Qualitätsanspruch ist ganz weit oben angesiedelt.“
Wichtig für den Handwerksbetrieb aus Bad Liebenzell sind neue Absatzwege. „Wir wollen unsere Handelsbeziehungen mit Handelsvertretern weiter ausbauen“, so Matt. „Um unser Angebot auszuweiten, kooperieren wir außerdem mit zwei Weingütern und veranstalten seit einiger Zeit Wein- und Schokoladenverkostungen.“ Zum Kundenkreis gehören auch Feinkostläden, Spezialitätengeschäfte, Bäckereien, Konditoreien und Großhändler. Rund 40 Prozent des Umsatzes wird mit Touristen, beziehungsweise Kurgästen generiert.