EU, Bund und Land setzen auf Nachhaltigkeit

Die Initiativen und ihre Auswirkungen auf das Handwerk im Check

Mehr Nachhaltigkeit und Umweltschutz – darauf drängen EU, Bundesregierung und das Land Baden-Württemberg. So strebt die EU-Kommission die Klimaneutralität Europas bis 2050 an. Zugleich soll das Vorhaben positive Impulse für die europäische Wirtschaft und ihr Sozialsystem schaffen. Die Initiative setzt sich aus zahlreichen Vorhaben zusammen, die teilweise erhebliche Auswirkungen auf das Handwerk haben. „Für das Handwerk bedeutet der Green Deal Licht und Schatten“, betont der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH). So enthält das „Fit für 55“-Paket Vorgaben unter anderem zu erneuerbaren Energien, Energieeffizienz, Landnutzung und Steuern sowie zum Energiesparen in Gebäuden. „Es steht zu befürchten, dass bei den zu erwartenden Zielverschärfungen die Wirkungen auf kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU) im Vorfeld nicht zufriedenstellend untersucht werden und hieraus Nachteile für Handwerksbetriebe entstehen“, erläutert der ZDH. „Sollte es etwa zu einem einseitigen Vorgehen allein zugunsten klimapolitischer Ambitionen kommen, droht das Dreieck aus Wirtschaftlichkeit, Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit des Energiesystems aus der Balance zu geraten – zulasten der Wirtschaftlichkeit und damit der Betriebe.“ Umso wichtiger sei es daher, Angebote wie die geförderte „Mittelstandsinitiative Energiewende und Klimaschutz“ fortzuführen und auszubauen, um die Betriebe auf dem Weg zu einer energieeffizienten und klimaschonenden Betriebsführung zu unterstützen.

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Sanierungen sollen sich verdoppeln

Chancen für das Handwerk ergeben sich dagegen beispielsweise durch die so genannte Sanierungswelle im Gebäudebereich. Die Quote der Sanierungen soll sich von derzeit rund einem Prozent pro Jahr bis 2030 und darüber hinaus europaweit mindestens verdoppeln. „Solche Vorhaben bieten Möglichkeiten, bestehende Geschäftsmodelle neu auszurichten, zu vertiefen oder neue Lösungen wie das „Serielle Sanieren“ in das Produktportfolio zu integrieren“, so der ZDH. Außerdem könnte der „Neue Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft“ dazu führen, dass es deutlich mehr Reparaturen geben wird. Derzeit setzt das Handwerk rund sechs Prozent seines Umsatzes mit Reparaturdienstleistungen um. „Aus Sicht des Handwerks birgt der Green Deal aber auch die Gefahr, dass Bürokratievorgänge erheblich verschärft werden und damit für unsere Betriebe zusätzliche Belastungen entstehen“, stellt der ZDH klar. Auf Bundesebene wurde am 10. März 2021 die Weiterentwicklung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie (DNS) beschlossen. Damit greift die Bundesregierung die Aufforderung der Vereinten Nationen für eine Dekade des Handelns zur Umsetzung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung auf. „Die angestrebten Maßnahmen bilden einen Großteil von Vorhaben der Bundesregierung ab, die ohnehin schon auf den Weg gebracht oder in Planung sind“, beschreibt der ZDH. Insoweit präsentiere sich das Gesamtwerk eher als Tätigkeitsnachweis, denn als tatsächlich zukunftsweisende Strategie. Zwar sei die DNS grundsätzlich zu begrüßen, da sie die Chance biete, zu einer ganzheitlichen nachhaltigen Entwicklung beizutragen. „Zum Nachteil des Handwerks gestaltet sich jedoch, dass die DNS auf die Industrie und damit verbunden auf eher große Unternehmen fokussiert ist“, kritisiert der ZDH insbesondere die damit verbundenen bürokratischen Auswirkungen. „Die überwiegend kleinbetrieblich strukturierten Handwerksbetriebe kommen dabei mit den bereits jetzt bestehenden bürokratischen Anforderungen an ihre Grenzen.“ Vor allem aber werde das Potenzial noch nicht hinreichend gesehen, das Handwerksbetriebe für eine nachhaltige Wirtschaft und Gesellschaft beitragen können – von ihrem besonderen regional-wirtschaftlichen Bezug bis hin zu ihrer Ausbildungsleistung für den regionalen Arbeitsmarkt.

Betriebe wollen ressourceneffizient arbeiten

In Baden-Württemberg will die neue grün-schwarze Landesregierung die Zukunftsinitiative „Handwerk 2025“ um das Thema Nachhaltigkeit erweitern. Bereits seit 2016 zielt die Initiative darauf ab, das baden-württembergische Handwerk mit Fördermitteln etwa in Bezug auf Personal und Digitalisierung fit für die Zukunft zu machen. Der Baden-Württembergische Handwerkstag (BWHT) verweist auf eine eigene aktuelle Umfrage, wonach viele Betriebe auch bei der Nachhaltigkeit etwas bewegen wollen: „Neun von zehn Betrieben ist es wichtig, ressourcen- oder energieeffizient zu arbeiten. Rund 80 Prozent der Betriebe haben das Ziel, gezielt Produkte oder Dienstleistungen anzubieten, mit denen die Umwelt geschont wird.“ Ausdrücklich begrüßt der BWHT beispielsweise die vorgesehene Solardachpflicht für alle Neubauten und eine Fortsetzung der Digitalisierungsprämie, die gerade für kleinere und mittlere Betriebe wichtig sei. Allerdings, so der BWHT: „Dazu benötigen die Betriebe Unterstützung!“ Deshalb mache es Sorge, dass nahezu alle Projekte im Koalitionsvertrag unter einem Finanzierungsvorbehalt stehen. Gerade weil die wirtschaftliche Lage angespannt sei, dürfe es nicht nur um hartes Sparen gehen, sondern es müsse gezielt investiert und gefördert werden.