Vom Hardtwald auf den Roten Teppich

Bambi Gala zwischen Karlsruhe und Baden-Baden

Die heutige Figur wiegt 2,5 Kilogramm, ist aus Bronze und mit 18 Karat vergoldet. Das schillernde Rehkitz, das die Preisträger wie Schauspielerin Naomi Watts, Königin Mathilde von Belgien oder Sängerin Sarah Connor stolz in die Kameras hielten, wird seit 1948 als Auszeichnung für kreatives Filmschaffen vergeben. Seit mehr als 70 Jahren ist der „Bambi“ auch international ein Begriff. Genau genommen seit fast 100 Jahren. Denn hier beginnt bereits die Geschichte des berühmten Bambis, ohne die der Starrummel um das goldene Reh heute nicht denkbar wäre.


„Bambi – Eine Lebensgeschichte aus dem Walde“

1923 erzählt der österreichische Schriftsteller Felix Salten die rührende Geschichte eines kleinen Rehs, das zunächst in der Obhut seiner Mutter aufwächst und die Schönheiten und Gefahren des Lebens kennenlernt. Das Buch „Bambi – Eine Lebensgeschichte aus dem Walde“ wurde ein Bestseller. Bis heute wird es von verschiedenen Verlagen immer wieder neu aufgelegt. Salten verkaufte später, bedingt durch die Wirren des Nationalsozialismus, die Bambi-Filmrechte für gerade mal 1.000 Dollar an Walt Disney, der daraus einen der berühmtesten Filme produzierte, der bis heute Kinder und Erwachsene begeistert und zu Tränen rührt.
Erst 1950 lief „Bambi“ auch in deutschen Kinos. Eine Hörspiel-Produktion von Saltens literarischer Vorlage führt in die Stadt, in der die glamouröse Verleihung vom letzten Herbst noch immer nachhallt: nach Baden-Baden. In einer aufwendigen Produktion, unterlegt mit atmosphärischer Orchestermusik, hört man in der Audio-Version das kleine Rehkitz im Gespräch mit seiner Mutter. Gesprochen wurde das junge Reh von einem Jungen, der viele Jahre später selbst einen „Bambi“ erhielt und dessen Stimme zu den markantesten des deutschen Fernsehens wurde: vom damals zehnjährigen Frank Elstner.


Erste „Bambi“-Gala findet in Karlsruhe statt

In den Jahren des Wirtschaftswunders boomte die Filmbranche. Deutsche und amerikanische Kinofilme lagen im Trend. Das Interesse an Stars und Sternchen wuchs. In Karlsruhe erschienen Magazine wie „Die Filmrevue“ oder „Die neue Filmwoche“. Deren innovativer Verleger Karl Fritz hatte die Idee, einen Award für die beliebtesten Filmstars zu kreieren. Bei einem Besuch in der Staatlichen Majolika Manufaktur im Karlsruher Hardtwald gefiel ihm ein kleines Rehkitz, das schon damals ein Bestseller war, zigfach verschenkt wurde und als beliebtes Deko-Objekt in vielen deutschen Wohnzimmern landete. Die Figur stammte von der Heidelberger Bildhauerin Else Bach (1895-1951). Ihre Reh-Skulptur sollte der neue Filmpreis sein!

Schauspielerin Marika Rökk war die erste, die den Preis bekam. Allerdings wurden in den Anfangsjahren die Preise noch nicht von Medienrummel begleitet vergeben, sondern sie wurden den Gewinnern nach Hause gebracht. Auf diese Weise soll das Rehkitz als Filmtrophäe auch zu seinem Namen gekommen sein. „Das sieht ja aus wie das Bambi!“, soll die Tochter von Marika Rökk gerufen haben, als der Preis an ihre berühmte Mama übergeben wurde.

In Karlsruhe fand 1955 die erste große „Bambi“-Gala statt. Fast ein Jahrzehnt lang kam die Crème-de-la-Crème des Films in die Fächerstadt, um den „Bambi“ als ehrenvolle Auszeichnung zu empfangen. Darunter waren Stars wie Sophia Loren, Heinz Rühmann, Rock Hudson, Brigitte Bardot und viele andere. Später wanderten die „Bambi“-Galas durch viele Städte: Berlin, München, Offenburg, Hamburg, Monaco oder Salzburg. Der Burda-Verlag hatte 1962 die Rechte übernommen. 1998 – zum 50-jährigen Jubiläum des Bambi – wurde in einer Jubiläumsausgabe Karlsruhe noch einmal zur „Filmstadt“. Ehrengast bei der glanzvollen Verleihung im Zentrum für Kunst und Medien (ZKM): die erste Preisträgerin Marika Rökk.

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"Karlina" für die besten Filme

Der Traum, dass die Bambi-Verleihung künftig in Baden-Baden stattfindet, ist vorerst ausgeträumt. Hintergrund ist die Entscheidung der ARD, die Live-Übertragung nicht fortzuführen. Die Veranstalter müssen ihr Gesamtkonzept überdenken. Ob Baden-Baden dabei als Austragungsort in Zukunft eine Rolle spielt, steht derzeit noch in den Sternen. Die Marke „Bambi“ soll nach Aussage von Burda-Medien jedoch weiterhin bestehen bleiben.

Auch das Ur-Bambi in Keramik wird nach wie vor in der Staatlichen Majolika Karlsruhe produziert. Die bronzene Burda-Figur wurde übrigens mehrfach modifiziert, unter anderem 1958 von dem bekannten Karlsruher Bildhauer Emil Sutor, der auch den „Nackten Mann“, der bis vor kurzem vor dem Wildpark stand, und das Wandrelief im Innenhof der Handwerkskammer Karlsruhe gestaltete. Mittlerweile hat sich das ursprünglich erdfarbene Nachkriegs-Bambi, das noch in vielen Haushalten zu finden ist, einem modernen Facelifting unterzogen und springt jetzt in Pink, Knallrot oder Apfelgrün über die Theke. „Ist die Majolika auf den Hund gekommen?“, fragen sich derzeit viele, denn neuerdings wird in der Manufaktur erneut eine Filmtrophäe produziert: Für die internationalen Filmfestspiele „Independent Days“ in Karlsruhe hat die Künstlerin Hannelore Langhans „Karlina“ geschaffen, einen quietschfidelen Mops, der auf den Namen des Festival-Standorts Karlsruhe hinweist.
majolika.de

Ariane Lindemann