Menschen aus Holz – in allen Variationen

Besuch in der Holzwerkstatt von Rudi Bannwarth

In der Werkstatt mitten im Grünen steht Angela Merkel. Aus Holz. In typischer Pose, wie man sie kennt. Der Schirm in ihrer Linken ist Holzbildhauber Rudi Bannwarths künstlerische Freiheit.
 Rudi Bannwarth macht klassisches Handwerk zur Kunst.

Die Holzskulptur ist in der Zeit, als es um den Euro-Rettungsschirm ging, entstanden. Was aussieht wie eine unbeschwerte Momentaufnahme, war in Wirklichkeit politisch ziemlich brisant. Darstellungen wie diese sind eine Spezialität des Künstlers Rudi Bannwarth aus Ettlingenweier.

„Wie gehen Frauen mit Macht um?“

 Diese Frage hat er auch in der Holzskulptur Gestalt verliehen. Angela Merkel schien ihm dafür ein optimales Beispiel. Bannwarth gehört zu den Vertretern, für die eine klassische Grundausbildung im Handwerk die Basis für die Weiterentwicklung zum Künstler ist. Er fertigt Figuren für den öffentlichen und privaten Raum. Oft skizziert er seine Mitmenschen in Ihrem Arbeitsumfeld und hält diesen Moment in einer Skulptur fest. Am liebsten gibt Rudi Bannwarth seinen Kunstwerken eine gesellschaftliche oder politische Botschaft mit. Positive Kritik, aber auch zahlreiche Kontroversen, hat er mit einer Krippendarstellung ausgelöst, in der er die Geburt Jesu in eine heruntergekommene Tankstelle verfrachtete. Flüchtlinge, Landstreicher, vom Kugelhagel zerschosssene Mauern, darauf „Endstation Jesus“ in Graffiti-Schrift, Maria in Jeans. Ein Schaf ist hier eines der wenigen Elemente, das an klassische Krippendarstellungen erinnert. 

„Ich habe versucht, die Geburt Jesu Christi im Heute darzustellen. Die Skyline einer Großstadt, Menschen am Rande der Gesellschaft, die ums Überleben kämpfen, und unter ihnen Maria und Josef mit dem Jesuskind.“ Seine Darstellungen sind nicht geeignet, um Räume zu dekorieren, wie er sagt.

„Ich möchte die Betrachter zu einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Unwägbarkeiten der menschlichen Existenz anregen.“

Wo in klassischen Darstellungen dem Jesuskind gehuldigt wird, vermittelt Bannwarth in seiner Konsumkrippe kritische Botschaften. Zum Beispiel, wie Industrie und Handel das Weihnachtsfest zu einem Konsumevent manipulieren und unser Verhalten am Fest zur Karikatur wird – ohne tieferen Sinn.

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Holzbildhauer brauchen Nischen

Wie kann es gelingen, den Beruf des Holzbildhauers am Leben zu erhalten, in einer Zeit, in der CNC-Fräser, 3D-Scanner und andere Technologien den Künstlern und Handwerkern dieses Gewerkes die Arbeit abnehmen? „Man muss sich Nischen suchen in der Kunst“, sagt Rudi Bannwar th, „allerdings braucht man immer auch die richtigen Auftraggeber für den Erfolg.“ Gerade hat das Bayerische Nationalmuseum eine Krippendarstellung bei Rudi Bannwarth angefragt. Er hat seine Nische gefunden. „Außerdem muss man sich gut vernetzen, da kommt heute keiner dran vorbei, der erfolgreich sein will. Man muss schauen, was andere machen. Rausgehen, auf Messen, in andere Ateliers und Werkstätten und viel diskutieren, um am Puls der Zeit zu sein.“

 „Menschen werden sich immer in Holz ausdrücken“, ist der Künstler überzeugt.

Würden Sie diesen Beruf wieder ergreifen?  
„Ganz klares Ja. Allerdings gibt es manchmal lange Findungsphasen. Da ist der Rückhalt der Familie sehr wichtig.“ Mit langer Findungsphase meint der Künstler nicht ein oder zwei Jahre. „Da kommen manchmal etliche Jahre zusammen, davor schrecken viele Künstler zurück.“ Das klingt nicht gerade wie begeisterte Werbung für diesen Beruf? „Ganz klar ist, man muss dafür brennen – es ist ein Identitätsberuf“, davon ist Rudi Bannwarth überzeugt. „Andererseits sind junge Menschen heute medial viel besser vernetzt. Das ist ein riesiger Vorteil und eine gute Möglichkeit, auf sich aufmerksam zu machen.“ Holzbildhauer – ein Beruf mit Zukunft? „Auf jeden Fall, denn der Mensch wird sich immer in Holz ausdrücken wollen.“ 

Ein Lieblingsthema von Rudi Bannwarth sind Engel. In der kürzlich gezeigten Ausstellung „Engel – himmlische Wesen für Erdenbürger“ im Forum der Handwerkskammer Karlsruhe hat Rudi Bannwarth mit sechs anderen Künstlern deutlich gemacht, wie vielfältig das Handwerk ist.

Die Engel aus Holz – alles Figuren aus dem täglichen oder auch nicht ganz alltäglichen Leben. Darunter auch ein Mafiaboss mit Sonnenbrille und Borsalino. Ein Engel? Da haben wir’s. Über die Arbeiten von Rudi Bannwarth muss man diskutieren. „Auf der einen Seite befassen sich unsere Betriebe beispielsweise mit moderner E-Mobilität, auf der anderen Seite haben wir Handwerker, die dank ihrer künstlerischen Schaffenskraft Werke mit hoher emotionaler Intensität gestalten”, so Handwerkskammerpräsident Joachim Wohlfeil. Der Beruf des Holzbildhauers kann nach wie vor erlernt und gegebebenenfalls mit einer Meisterqualifikation abgeschlossen werden. Zurzeit sind zehn Betriebe, die das Holzbildhauerhandwerk ausüben, in die Handwerksrolle im Bezirk der Handwerkskammer Karlsruhe eingetragen.

Ariane Lindemann