„Kirchtürme sind meine Leidenschaft“

Firmenporträt: Zimmermeister

Für viele Laien unvorstellbar: Zimmermeister Cassen Heiner Dorka arbeitet in großen Höhen – ohne Gerüst

Die höchste Höhe, in der Cassen Heiner Dorka bislang gearbeitet hat, waren rund 120 Meter. „An einer Windenergieanlage“, sagt er. „Aber“, so schiebt er hinterher: „Die Höhe ist nicht die Herausforderung. Und ich riskiere auch keineswegs mein Leben, wie so mancher Laie vermutet.“ Denn er sei immer doppelt gesichert. Zu dem Tragseil, an dem er sich rauf und runter bewegt, kommt immer noch ein Sicherungsseil, falls das Tragseil doch mal versagen sollte.

„Viel spannender als die Höhe ist es oft, überhaupt erst einen Zugang herzustellen“,

erklärt Dorka und führt dazu das Beispiel eines verwinkelten Innenhofs in Baden-Baden an, bei dem er über mehrere Ebenen Seile spannen musste, um ein Taubennetz montieren zu können.

 Mal geht es hoch hinauf auf einen Kirchturm, mal tief hinab in einen Schacht – Seile sorgen immer für Sicherheit

Dorka ist Zimmermeister und hat eine Zusatzqualifikation für Seilzugangs- und Positionierungstechnik. Beispielsweise repariert er Dächer, bringt Blitzschutzanlagen an und reinigt Dachrinnen. Da er zudem in die Handwerksrolle der Gebäudereiniger eingetragen ist, erledigt er auch Putzarbeiten. So hangelt er sich einmal im Monat am Seil durch das „Exotenhaus“ im Karlsruher Zoo, um Fenster zu putzen. Auf zwei bis vier Aufträge im Umkreis von 150 Kilometern rund um Karlsruhe kommt er wöchentlich.

Seine große Leidenschaft aber sind alte Kirchtürme und Kirchendächer.

„Daran hängt wirklich mein Herz“,

betont er. Es sei fast unvorstellbar, wie die damals gebaut wurden. Ein Kirchturm war es auch, der ihn auf die Idee zu seinem heutigen Unternehmen brachte. 1970 in Freudenstadt im Schwarzwald geboren, begeistert sich Dorka zwar schon als Jugendlicher fürs Sportklettern, aber er macht zunächst eine Zimmermannslehre. Später beginnt er ein Studium zum Bauingenieur. Als Zimmergeselle arbeitet er irgendwann auf einer Baustelle in Weingarten. „In der Mittagspause streifte der Blick immer wieder eine Kirche“, erinnert sich Dorka. Ihm fiel auf, dass am Turm und am Dach einiges zu reparieren wäre – „und warum sollte man dorthin nicht mit dem Seil gelangen?“ Nachdem er 2002 die Meisterprüfung im Zimmererhandwerk als Jahrgangsbester vor der Handwerkskammer Karlsruhe abgelegt hatte, machte er sich selbstständig. Inzwischen hat er sich in Durmersheim bei Karlsruhe niedergelassen. Und der Kirchendachservice bringt ihm etwa ein Viertel seiner Aufträge ein.

Nie alleine in die Höhe 

In Deutschland gibt es mehr als 3.000 Höhenarbeiter wie Dorka. Da Rettungseinsätze in aller Regel äußerst schwierig wären, dürfen sie nie alleine arbeiten. Mindestens ein weiterer ausgebildeter Kollege muss dabei sein, um bei einem Unfall helfen zu können. Mit weiteren Höhenarbeitern aus der Region ist Dorka in einem Netzwerk verbunden – mal zieht ein anderer einen Auftrag an Land und ruft ihn dazu, mal hat er bei einem Team den Hut auf. „Wir unterstützen uns gegenseitig“, erklärt Dorka.

„Oft sind die Kollegen nur dabei, um die Seile auf- und abzubauen. Die eigentlichen Handwerksarbeiten erledige ich.“

Seine Profession sei noch eine Nische, erläutert er – es sei zwar durchaus spürbar, dass heute mehr potenzielle Auftraggeber auf die Idee kommen, solche Arbeiten zu vergeben – „aber gerade bei Kirchen könnte noch viel mehr gehen.“ 

Mit Sportklettern hat Dorkas Tätigkeit zudem so gut wie nichts zu tun. Man verwende ganz andere Seile und Gurte, erläutert er, nur die Knoten seien gleich. „Und für den Zugang mit Hilfe von Seilen werde ich ja auch nicht bezahlt, das ist Mittel zum Zweck. Aber dort oben zu sein und mich auf die Arbeit zu konzentrieren – das liebe ich.“ Und das gilt ganz besonders für alte Kirchen.

seilarbeit.com

Christoph Ertz