Eine Spur wilder

Viele seltene Tierarten leben im Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord

„Die Natur Natur sein lassen“ ist das Ziel des Nationalparks Schwarzwald. Denn in dem Gebiet von über 10.000 Hektar zwischen Baden- Baden und Freudenstadt entwickeln sich der Wald, seltene Tiere und Pflanzen – und das möglichst ohne menschliche Eingriffe. So wimmelt es im Totholz von Insekten, auf den Grinden genannten Hochweiden leben die Tiere ungestört und die Karseen liegen, dunklen Augen gleich, in der Schwarzwaldkulisse, so wie es bereits vor hunderten von Jahren war. Vom Nordschwarzwald über die Schwarzwaldhochstraße bis ins Tal der Murg erstreckt sich der Nationalpark, der innerhalb des Naturparks Schwarzwald Mitte/Nord liegt.

Doch nicht nur für den Schutz von Flora und Fauna wurde das Refugium im Jahr 2014 als erster Nationalpark Baden-Württembergs gegründet, sondern auch der Mensch wird eingeladen, die Naturkulisse zu genießen. Wie es im Nationalpark einmal aussehen soll, können Besucher bereits am Ruhestein erfahren: Im Bannwald rund um den Wilden See wurde seit über 100 Jahren nicht mehr in den Fortgang der Natur eingegriffen. Auf dem Weg hinunter zum See müssen umgefallene Baumstämme und verwurzelte, steinige Pfade überwunden werden. In dieser Ecke des Schwarzwaldes, unweit der Hochstraße gelegen, entsteht derzeit außerdem das neue Besucherzentrum. Dies soll Anfang 2020 eröffnet werden.

Nach einem Architektenwettbewerb entschieden sich die Verantwortlichen für den Bau, der „das Bild einer natürlichen Waldsituation aufnimmt und es in eine dreidimensionale Form überträgt“, wie Nationalparkleiter Wolfgang Schlund erklärt. Das abstrakte Gebäude wird die zentrale Anlaufstelle für Nationalpark-Besucher sein und die Möglichkeit bieten, sich über Wandermöglichkeiten und Angebote im Nationalpark zu informieren. Neben diesen Infos ist im barrierefreien Nationalparkzentrum auch eine große, mehrsprachige Ausstellung geplant, die mit modernsten Methoden an das Thema Wildnis heranführen wird – Gastronomie und Shop inklusive. „Vom Foyer aus führt dann ein Skywalk in den Baumkronenbereich und ermöglicht aus der Vogelperspektive einzigartige Blicke in den an dieser Stelle etwa 120 Jahre alten Tannen- und Fichtenwald“, sagt Schlund.

Unterwegs im Nationalpark

Zwar steht der Naturschutz an oberster Stelle, aber natürlich können die Besucher einiges im Nationalpark erleben. 

Neben dem bekannten Lotharpfad – seit 1999 der Orkan Lothar wütete, wurde der Wald an dieser Stelle nicht mehr „aufgeräumt“ – locken auch der Wildnis- und der Luchspfad im nördlichen Teil des Schwarzwalds die Besucher. Seltene Tierarten wie Dreizehenspecht, Borkenkäfer und Auerhühner können in dem Waldgebiet weitgehend ungestört leben. Im Jahresprogramm sind alle Aktivitäten aufgezählt: Darin finden sich Wanderungen, Führungen, Angebote für Kinder und mehrtägige Ausflüge samt Übernachtung im Schwarzwald.

Verwechslungsgefahr: Naturpark und Nationalpark

Eine weitere Attraktion der Region ist der Baumwipfelpfad Bad Wildbad. Doch liegt er eigentlich im Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord oder im Nationalpark Schwarzwald? „Der Holzsteg, der sich zwischen den Bäumen in die Höhe schlängelt, liegt in der Kulisse beider“, erklärt Thomas Dobrzewski vom Nationalpark. Für Besucher ist das letztlich jedoch egal, die Grenzen sind fließend. Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord und Nationalpark Schwarzwald – die ähnlichen Bezeichnungen sorgen immer mal wieder für Verwechslungen. Die Kernzonen des Nationalparks nehmen etwa ein Drittel des Naturparks Schwarzwald Mitte/Nord ein. In den Zonen soll sich die Natur ohne menschliche Eingriffe entwickeln können. Derzeit wird allerdings noch an einigen Stellen lenkend eingegriffen, zum Beispiel beim Artenschutz. Bis zu 25 Prozent der Fläche im Nationalparkwird innerhalb der nächsten 30 Jahre dauerhaft zur so genannten Managementzone gehören, Menschen sind darin dann nicht mehr erwünscht. Der Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord umfasst die Landkreise Calw, Freudenstadt, Karlsruhe, Rastatt, Rottweil, den Enz- und Ortenauskreis sowie die Städte Baden-Baden und Pforzheim. Zu den Schwerpunkten in Deutschlands drittgrößtem Naturpark gehören unter anderem die Entwicklung von Tourismus und die Förderung der Landwirtschaft.

www.schwarzwald-nationalpark.de

Janina Croisant