Geburtstagsinterview...

...mit dem Europa-Park Gründer

Heute, im Blick zurück auf 45 Jahre Europa-Park: Was hat den Erfolg letztlich ausgemacht?

Roland Mack: Der Park steht auf drei Säulen. Das ist einmal die Geschichte der Familie Mack, also unsere Herkunft als Anlagenbauer für die Freizeitparkbranche, dann dieser wunderbare Standort im ehemaligen Schlosspark von Rust und drittens die Entwicklung der EU zu einem Gefüge mit 28 Staaten.

Das sind die Voraussetzungen, was war aber die entscheidende Idee, der Durchbruch für den Europa-Park?

Mack: Das Wichtigste war, dass wir von Anfang an auf Qualität gesetzt haben. Dass wir ein Thema hatten, an dem wir uns ganz konsequent und seriös abgearbeitet haben, wohl wissend, dass das Thema Europa sehr anspruchsvoll war und ist. Keine Kopie, sondern die Interpretation von der großartigen Vielfalt Europas. Wir müssen in der Formensprache und letztlich in der gesamten Umsetzung perfekt sein. Das ist uns in einer extrem guten Mischung mit Unterhaltung und Angeboten für die gesamte Familie gelungen. Vor allem für Kinder.

Wie hat sich die Entscheidung von Disney, in Paris einen Freizeitpark zu bauen, auf die Familie Mack und den Europa-Park ausgewirkt?

Mack: Disney hat uns schon am Anfang inspiriert, was es bedeutet Themenpark zu sein. Uns war schnell klar, dass der Europa-Park keine Kopie des Volksfestplatzes sein darf. Wir konnten kein einziges Fahrgeschäft einfach als Plan aus der Schublade ziehen, sondern mussten komplett neu denken und das war dann in Verbindung mit der Thematisierung und der unglaublich schönen Natur des alten Schlossparks der richtige Weg. Die Architektur, die wir dem Filmarchitekt Ulrich Damrau zu verdanken haben, trägt auch erheblich zum Erfolg bei. Er hat alles integriert, ohne einen der schönen Bäume fällen zu müssen. Wir haben unseren eigenen Weg gefunden. Als dann nach einigen Jahren bekannt wurde, dass Disney nach Europa kommt, haben wir uns für erhebliche Investitionen entschieden. Es ging ja lange hin und her, ob Disney in Barcelona oder Paris baut. Mir wäre Barcelona lieber gewesen. Wir waren damals ja schon sehr erfolgreich. Die Investitionsoffensive damals ist voll aufgegangen. Druck erzeugt Reibung und die Zeichen standen auf Angriff. Uns war auch klar, dass in Frankreich, etwa bei Reims, die gleiche Entfernung nach Disney oder eben in den Europa-Park besteht, also mussten sich die Gäste entscheiden – fahren wir nach Rust oder nach Paris? Heute erhält der Europa-Park von den Besuchern die wesentlich besseren Noten als Disney in Paris. Wir haben die Herausforderung angenommen und sind seit dieser Phase nochmal extrem stark gewachsen.

Und die nächsten großen Meilensteine waren der Fall der Mauer und die europäische Einigung mit dem Wegfall der Grenzen?

Mack: Absolut. Das hat uns weitere große Zuwächse gebracht, vor allem auch aus Osteuropa wie Polen, Ungarn, Bulgarien, Rumänien, Kroatien und den baltischen Staaten wie Estland und Litauen. Eigentlich sagt man, es kommt auf die Leistung an, aber es braucht auch ein bisschen Glück und die Öffnung der EU auf 28 Länder war sicherlich Glück für uns. Mit dem Wegfall der Grenzen musste ja auch keiner mehr einen Pass vorzeigen zwischen Frankreich und Deutschland. In den anderen Ländern natürlich auch nicht. Der damalige französische Senatspräsident Alain Poher hat es so schön gesagt: „Sie bauen das Europa für Kinder.“ Bei uns sind die Gäste in wenigen Minuten von Italien nach Frankreich oder Großbritannien gereist. Das kleine Europa hier hat schon einen großen Reiz für junge Menschen. Übrigens, als der französische Fernsehsender France 3 mal eine Umfrage gemacht hat, wo es die meisten Elsässer gibt, außerhalb vom Elsass, war die spontane Antwort bei einer großen Mehrheit: im Europa-Park. Wir gehören zu den Franzosen.

Da gibt es auch keine Ressentiments ...

Mack: Wir bekommen unglaublich viel Sympathien aus Frankreich. Präsident Macron treibt ja auch die Vernetzung der Universitäten am Oberrhein voran.

Warum ist Europa auch aus unternehmerischer Sicht alternativlos?

Mack: Wir erleben das täglich im Wirtschaftsleben, was offene Grenzen, eine gemeinsame Währung und weggefallene Zölle bedeuten. Weltweit haben wir mit Europa eine ganz andere Wucht als ein einzelnes Land allein in der Weltpolitik. Es geht nur mit stärkeren Einheiten. Das kleine Europa Europa-Park funktioniert auch deshalb besser als das Große, weil wir hier nur einen Finanzminister haben. Ohne das offene Europa hätte der Europa-Park nicht annähernd diese erfolgreiche Entwicklung genommen.

Was haben Sie von Ihrem Vater gelernt?

Mack: Qualität, Fleiß, Bodenständigkeit, Bescheidenheit, das Achten anderer Menschen, Dranbleiben. Immer wieder Aufstehen, auch wenn es mal einen Rückschlag gibt und: das Unternehmen in den Mittelpunkt stellen. Was ich extrem an ihm bewunderte: Er war unendlich fleißig und konsequent. Er hat sehr gerne gefeiert und stand am nächsten Morgen um 7 Uhr auf der Matte. Er war Autodidakt, aber er hatte ein tolles Auffassungsvermögen und ein untrügliches Gespür für das Machbare. Die Umsetzungsgeschwindigkeit von der Idee zum Produkt war extrem hoch bei uns. Ich habe mir die Neugierde bewahrt bis zum heutigen Tag. Das war auch bei meinem Vater so. Natürlich spielt auch die Familie und die Form des Familienunternehmens eine zentrale Rolle. Was mein Vater gesagt hat, hat er auch gemeint und gemacht. Er hat nicht taktiert, er war kein Diplomat, sondern er war authentisch und ausmachbar. Man wusste, wo man dran ist. Die Arbeit stand im Vordergrund. Das hat auch unsere Kunden bei Mack Rides in Waldkirch überzeugt. Das hat die Marke Mack auch international zu dem gemacht, was sie heute ist. Wir sind auch im Produktionsbereich einer der besten Hersteller von Fahrgeschäften und Transportsystemen in der Branche weltweit.

Was lernen Sie von Ihren Söhnen und Ihrer Tochter?

Mack: Dass jede Zeit ihre eigenen Antworten braucht. Die nächste Generation tickt ganz anders als die Nachkriegsgeneration. Es kommt darauf an, sie machen und sich entwickeln zu lassen. Werte, die über Generationen gelebt wurden, dürfen dennoch nicht verloren gehen.

„Ich bin unglaublich stolz, was aus unseren Kinder Michael, Thomas und Ann-Kathrin geworden ist. Sie sind eigenständige, tolle Persönlichkeiten, haben einen sehr guten Beruf und sind voller Emotion und Herzlichkeit. Das sind die besten Eigenschaften, um unser Unternehmen erfolgreich weiterzuführen. Darüber bin ich sehr glücklich... auch wenn ich es nicht so oft sage.“

Wo haben Sie eine ganz andere Auffassung als Ihre Kinder?

Mack: Wir haben doch eine komplett veränderte Geschäftswelt. Es fällt mir manchmal schwer, das zu verstehen, obwohl ich davon auch profitiere. Ein Beispiel: Heute kann man im Prinzip seine Aufgabe überall mit dem Laptop erledigen und muss nicht immer präsent sein. Das ist sicherlich gut, mir ist das aber eher fremd. Ich sehe auch, dass das analoge Geschäft immer weniger eine Rolle spielt. Heute bewegen wir uns mehr in der digitalen Welt und damit können wir in Attraktionen vorstoßen, an die wir vor Jahren noch gar nicht gedacht haben. Ich meine beispielsweise die Achterbahnfahrten mit Virtual-Reality-Brillen, also ein Sinnbild für die Verbindung beider Welten. Das treiben meine Söhne voran und das ist fraglos ein sehr positives Beispiel für neue Ideen der neuen Generation, also auch für den so unglaublich wichtigen Generationswechsel. Ich will nicht derjenige sein, der das Unternehmen Mack in der siebten Generation an die Wand gefahren hat. Neue Ideen können nur entstehen, wenn man quer denkt. Es fällt manchmal schwer, wenn alles erfolgreich läuft, vom gewohnten Prozess Abstand zu nehmen und komplett neu zu denken. Das können meine Kinder sicherlich besser. Den Gedanken freien Lauf lassen, ist sicher ein Weg zum weiteren Erfolg.

Welche Rolle beim Erfolg des Europa-Park spielt Ihre Familie und speziell Ihre Frau Marianne?

Mack: Wenn die Firma im Mittelpunkt steht und sich im Grunde alles um die Firma dreht, dann müssen Frau und Familie das akzeptieren, sonst gäbe es keinen Familienzusammenhalt. Meine Frau hat sich von der ersten Stunde an selbst eingebracht. Sie hat den Beruf als Stewardess an den Nagel gehängt und bei uns die Hauptkasse übernommen, sich im Park eingearbeitet und noch vieles mehr für den Europa-Park geleistet. Sie hat zugepackt, jeden Tag mitgearbeitet und noch die Kinder nebenher großgezogen. Ihre ausgleichende Art hat auch zwischen den Kindern und mir oft geholfen. Familie und Geschäft vermischen sich stark und da hat Marianne schon eine ganz entscheidende Rolle gespielt. Das Leben als Unternehmerfamilie direkt auf dem Betriebsgelände würde nicht jeder akzeptieren. Andererseits, wenn wir 20 Kilometer weg gewohnt hätten, hätten die Kinder den Vater oder die Mutter manchmal überhaupt nicht gesehen. Das wäre auch nicht gut gewesen. Die Kinder haben von Klein auf das Unternehmen erlebt, mit allen Vor- und Nachteilen. Ich habe das ja auch in jungen Jahren so erlebt.

Wie belastend ist die riesengroße Verantwortung, die Sie bei inzwischen knapp sechs Millionen Besuchern im Jahr und mehr als 4.000 Mitarbeitern Tag für Tag tragen? Wie gehen Sie damit um?

Mack: Ich bin ja in die Situation reingewachsen. Der Park hat ja nicht mit 4.450 Mitarbeitern angefangen, sondern ist Stück für Stück größer geworden. Die Strukturen konnten sich anpassen. Heute sind die Betriebseinheiten so organisiert, dass wir gut damit umgehen können. Natürlich ist es auch schwierig, überhaupt Mitarbeiter zu finden. Wir wollen die soziale Verantwortung für unsere Mitarbeiter tragen. Sie sind von zentraler Bedeutung bei unserem Erfolg. Ohne sie könnten wir nie der beste Freizeitpark der Welt sein ... die große Sorge, die ich manchmal habe: Wir investieren in eine große Attraktion und finden die Leute nicht, die diese betreiben und bedienen.

Und wie ist es mit der Verantwortung im Blick auf Sicherheit, dass kein Unglück passiert, dass technisch alles in Ordnung ist. Täglich werden tausende Menschen befördert...

Mack: Das ist schon sehr ernst zu nehmen. Ein Restrisiko in der Technik bleibt. Aber Sicherheit steht bei uns ganz oben. Dafür habe ich mich auch international als Präsident des Weltverbandes der Freizeitunternehmen IAAPA eingesetzt. Wir haben eine klare Struktur entwickelt. Wir trainieren und schulen unsere Mitarbeiter sehr intensiv, organisieren viele Übungen, aber die Verantwortung bleibt in hohem Maße am Ende beim Unternehmer.

Es gibt ja nicht nur Sonnenschein, wie gehen Sie mit Tiefschlägen, wie dem schlimmen Großbrand von 2018, um?

Mack: Da hilft sicher die Bodenständigkeit. Mein Vater und mein Großvater haben schwere Zeiten im Krieg erlebt, wie glücklich können wir bei einer so langen Friedensphase sein. Wenn man am Boden bleibt, kann man auch mit Tiefschlägen zurecht kommen. Es gilt immer: möglichst schnell nach vorne schauen. Beim Großbrand war es ein Segen, dass keine Menschen zu Schaden gekommen sind. Das Materielle war versichert. Die Mehrbelastung während des Baus von Rulantica war eine Riesen-Herausforderung. Aber wir haben es geschafft. Klagen gehört nicht zum Unternehmertum, sondern einfach Machen.

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Selbst die Schwäne hören auf sein Kommando...

Wie wichtig ist der Tourismus als Wirtschaftszweig für Deutschland?

Mack: Ein Segen für Deutschland war ja die Fußball-WM 2006, das Sommermärchen. Wir haben den Industriestandort Deutschland damals weltweit auch als sympathisches Tourismusziel präsentiert. Wir waren tolle Gastgeber, tolle Dienstleister für die internationalen Gäste. Wir haben uns weltoffen gezeigt und das hat den Tourismus unglaublich forciert. Heute sind es 450 Millionen Übernachtungen im Jahr, das sind sicherlich 150 Millionen mehr als vor der WM. Wir zählen heute zu den weltweit wichtigsten Tourismusnationen überhaupt. Auch im Städtetourismus und den Freizeitparks. Die Bereitschaft, Deutschland zu besuchen, ist weltweit sehr hoch. Der Europa-Park hat bereits 55 Prozent internationale Gäste und nur noch 45 Prozent der Besucher sind aus Deutschland. Der Europa-Park hat internationales Flair und ist auch ein Kulturzentrum.

Wie sind die Visionen? Welche Gäste aus welchen Ländern begrüßt der Europa-Park in zehn oder in 20 Jahren?

Mack: Ich sage seit mehr als 20 Jahren, wir müssen uns als Destination entwickeln. Das gelingt uns Zug um Zug, auch mit den neuen Hotelangeboten und jetzt auch mit der Wasserwelt „Rulantica“, der das Unternehmen zum Ganzjahresgeschäft ausbaut. Damit wird die Destination zur Wirklichkeit. Die Attraktivität ist erheblich gewachsen, über Baden-Württemberg hinaus. Mit der Wasserwelt setzen wir einen Weltklasse-Standard. Die Fachleute aus China, Japan, USA, also der ganzen Welt, beobachten uns sehr genau. Unser Park wird noch internationaler werden. Da bin ich mir sicher: Die Skandinavier, auf der Reise nach Süden, fahren nun unmittelbar bei uns auf der A5 vorbei und werden vermehrt hier anhalten. Benelux wird stärker werden. Die Franzosen werden aus der gesamten Republik zu uns kommen und auch bei den Norditalienern bin ich guter Hoffnung auf eine Steigerung der Gästezahlen. Die Österreicher sind schon gut vertreten, Osteuropa hat auch noch großes Potential für uns. Ich sehe für uns sehr große Chancen.

Auch als künftiges Flugreiseziel?

Mack: Es bleibt abzuwarten, ob die Fliegerei so preiswert bleibt. Wenn ja, dann ist das sicherlich eine Option. Mit unseren Ausflugsangeboten in der Region für mehrere Tage, warum nicht mit dem Ferienflieger kommen? Wir haben ja, neben unseren eigenen Attraktionen, ein erstklassiges Umfeld mit dem Elsass und dem Schwarzwald.

Wohin wird sich der Tourismus in Deutschland entwickeln? Wird er sich massiv verstärken?

Mack: Die Voraussetzungen sind da. Wir haben ja alles. Deutschland ist allemal eine Reise wert. Wir haben eine tolle Küche und sind die sonnigste Ecke Deutschlands. Da sind noch Riesen-Chancen. Auch die Sicherheit, die Deutschland bietet, ist nicht zu unterschätzen im internationalen Maßstab. Qualität, Sicherheit, Sympathie, hochkarätige Angebote werden künftig immer entscheidender. Wir müssen uns vor keinem Mitbewerber auf der ganzen Welt verstecken.

Bei all diesen Angeboten ist der Europa-Park vorne mit dabei.

Mack: Absolut! Wir sind übrigens auch der attraktivste Freizeitpark für die Schweizer und sitzen direkt an der Grenze zu Frankreich. Der Standort hätte aus heutiger Sichtweise nicht besser sein können – so skeptisch am Anfang alle waren.

Wie wollen Sie das Problem lösen, gute Mitarbeiter zu finden?

Mack: Glücklicherweise ist hier das Glas halbvoll und nicht halbleer. Die jungen Leute kommen gerne zu uns. Es ist ein internationales Flair und ein sehr attraktiver Arbeitsplatz, hier sind viele gut gelaunte Gäste, tolle Fahrattraktionen, von denen die Mitarbeiter ja auch profitieren. Was wir spüren: Wir müssen noch mehr Übernachtungsmöglichkeiten für Mitarbeiter schaffen. Daran arbeiten wir. Insgesamt bin ich bei dem Thema sehr optimistisch. Wir merken, dass auch hochkarätige Ingenieure, Köche oder Menschen mit anderen Berufen die Nähe zu uns suchen, weil sie letztlich den Arbeitsplatz als wertvoll einschätzen. Wir werden ja jetzt zum Ganzjahresbetrieb. Die Lage ist gut: Wir sind in der Nähe von Freiburg, liegen nahe an Straßburg, dem Elsass und der Schweiz. Da hat es mancher Arbeitgeber mitten im Schwarzwald viel schwerer.

Wie lassen sich reale Erlebnisse mit der digitalen Welt von morgen verbinden?

Mack: Das wird ein Sowohl-als-auch sein. Ich glaube nicht, dass eines Tages das ganze Angebot nur noch digital ist. Aber so weit kann ich nicht nach vorne schauen. Das Fahren auf der Achterbahn, mit dem Spüren der Schwerkräfte und den kreischenden Mitfahrern daneben, lässt sich durch nichts ersetzen. Die Kombination wird es sein. Die Gäste werden aber digital besser geführt, haben mehr Angebote und die Kommunikation zwischen Europa-Park und Gast wird sich erheblich verändern. Über die Digitalisierung finden wir auch im Massengeschäft eine persönliche Ansprache des Kunden. Die Wünsche jedes einzelnen Kunden müssen noch mehr in den Fokus rücken. Das geht so konsequent nur mit neuer Technologie.

Jeden Tag neugierig

Der Europa-Park steht heute für Erfolg auf ganzer Linie, ein Rekord jagt den anderen. Wie hoch ist das unternehmerische Risiko?

Mack: Wer nichts riskiert, kann nicht mal verlieren, sagte einst Extrembergsteiger Reinhold Messner bei der Rede als ich „Entrepreneur des Jahres“ wurde. Es gibt Prototypen, es gibt immer Entwicklungen mit unternehmerischem Risiko. Es gibt das Betriebsrisiko, wenn man so viele Menschen an einem Tag transportiert, verköstigt, befördert. Ja, wir haben Risiken. Wir müssen aber davon ausgehen, dass alles funktioniert, dass die Gäste sich auf alles verlassen können.
Es wird ein Investitionsrisiko und ein Ausrichtungsrisiko geben: Wohin muss sich der Park entwickeln, um in der Gesellschaft gefragt zu sein. Wir müssen uns immer an die Veränderungen der Kundenwünsche anpassen. Da sind wir gut unterwegs, weil wir als Hersteller weltweit die Trends sehen und die  Freizeitparkentwicklung aus Asien, den USA oder Südamerika und natürlich Europa kennen. Aber ganz am Ende muss es in unsere Konzeption und an unseren Standort passen. Da brauchen wir auch in Zukunft eine glückliche Hand. Bisher liegen wir da sehr gut. Mein Vater hat immer gesagt: Wir haben mehr richtig gemacht als falsch.

Hilft es, immer breiter aufgestellt zu sein, um die Risiken zu minimieren?
Mack: Das glaube ich schon. Was sich bewahrheitet ist, dass wir unser Angebot für die Gäste an der gesamten Familie über alle Generationen ausrichten. Wenn wir Familienpark bleiben, haben wir die besten Chancen. Das hat uns Disney schon 60 Jahre vorgemacht in Los Angeles. Das ist auch unser Erfolgsgeheimnis geworden. Den Pfad sollten wir nicht verlassen: Hohe Qualität für die ganze Familie.

Besteht die Gefahr, dass die Menschen eines Tages überhaupt nicht mehr in Freizeitparks gehen?

Mack: So eine Sorge treibt mich immer um. Wenn große Konzerne wie Kodak oder Nokia Trends komplett verschlafen, warum sollte das nicht auch bei Freizeitparks passieren. Meine These: Mit zunehmender Digitalisierung setzt eine Gegenbewegung ein. Die Menschen sind soziale Wesen und suchen das gemeinsame Erlebnis mit anderen und werden deshalb auch in Freizeitparks gehen. Das kann auch eine Alternative zur digitalen Entwicklung sein. Die Entertainment-Industrie ist ohnehin noch eine Wachstumsindustrie. Wir sollten uns da nicht zu viele Sorgen machen. Wir müssen in die Zukunft schauen, Dinge anpacken und ja, auch Risiken übernehmen. Die Expertengespräche mit Fachleuten aus der ganzen Welt – zuletzt bei einer Tagung bei uns hier im Park – stimmen uns für die Zukunft sehr optimistisch.

Alle reden vom Klimawandel, was bedeutet das für ein Unternehmen wie den Europa-Park?

Mack: Zum einen kommen die Gäste mit Autos zu uns. Das ist sicher nicht optimal, aber das können wir als Europa- Park kaum lösen. Man muss es auch mal so sehen: Der Gast kommt zwei Stunden gefahren, dann steht das Auto den ganzen Tag und er fährt erst am Abend zurück. Die Mobilität wird immer gewünscht sein, ob in zügen oder eines Tages in selbstfahrenden Elektrofahrzeugen.

Aber Sie kämpfen doch seit Jahrzehnten für eine attraktive Anbindung ans Bahnnetz ...

Mack: Mehr als 50 Prozent der Besucher haben wiederholt in Befragungen gesagt, dass sie mit der Bahn anreisen würde. Das wäre eine riesige Entlastung für die Umwelt und eine wesentlich stressfreiere Anreise mit der ganzen Familie. Das Erlebnis könnte dann schon beim Einsteigen in den Zug beginnen. Schon auf der Zugfahrt gibt es Informationen und Unterhaltung für die Gäste. Umweltfreundlich und staufrei. Aber die Bahn zeigt uns die kalte Schulter. Natürlich müssen wir beim Thema Umwelt bei uns selbst anfangen. Wir selbst nehmen das Thema Klima- und Umweltschutz sehr ernst mit Mülltrennung, regenerativer Energieversorgung wie Solar, Wärmepumpen, mit eigenen gasbetriebenen Blockheizkraftwerken, umfangreichen Energie- und Wassersparmaßnahmen, hochmoderner sparsamer Klimatechnik. Wir sind mehrfach zertifiziert worden und haben als erster Freizeitpark das TÜV-Prädikat umweltfreundlich erhalten.

Wie lässt sich ein so groß gewordenes Unternehmen mit den Strukturen einer Familie noch steuern?

Mack: Indem wir eine klare Struktur organisieren, auch unabhängig von Familienmitgliedern. Wir haben zunehmend auch externe Manager, die an die Familie berichten. Sonst ist das nicht mehr zu schaffen in der Größe. Die finanzielle Verantwortung muss ja weiter bei der Familie bleiben. Wir sind nicht an der Börse, sondern ein Familienunternehmen, als Familienstiftung geführt.

Weshalb Familienstiftung?

Mack: Die Familienstiftung haben wir im Mai 2019 gegründet. Das Ziel der Unternehmerfamilie Mack ist es, das fast 240-jährige Traditionsunternehmen auf Dauer zu sichern und in die nächsten Generationen zu führen. Die Leitung hat die achte Generation übernommen. Die neunte Generation ist bereits auf der Welt. Die Familienstiftung basiert auf den Grundwerten der Familiencharta, die in einem langjährigen Prozess mit allen Familienmitgliedern erarbeitet wurde. Für den Europa-Park, seine Mitarbeiter und Besucher ergeben sich keine Änderungen. Wichtigstes Anliegen ist es, unser Familienunternehmen Mack auf lange Sicht für die nächsten Generationen zu sichern und weiterzuentwickeln. Es ging darum Strukturen für die Zukunft zu schaffen, wobei wir ja weiter ein Familienunternehmen bleiben. Getreu dem Motto meines Vaters „Jede Mark in den Park“ sichern wir mit der Stiftung auch den Zusammenhalt des Vermögens.

Wie läuft der Generationswechsel konkret bei der Familie Mack?

Mack: Es ist wichtig, dass die nächste Generation Feuer fängt. Ohne Emotion und die innere Bereitschaft, hier einzusteigen, nützt alles nichts. Aber das läuft sehr gut bei uns. Wir haben die Familiencharta entwickelt. Das war wichtig, um festzulegen, wie man innerhalb der Familie miteinander umgeht, welche Abläufe beim Übergang notwendig sind, wie die Rolle der Ehepartner einzustufen ist. Dem Prozess haben wir uns sehr erfolgreich unterworfen. Da sind wir auf einem guten Weg. Der Erfolg eines Unternehmens macht sich auch daran fest, wie der Übergang in die nächste Generation geklappt hat. Allein gute Zahlen reichen nicht.

Aber es bedeutet in der Konsequenz auch für Sie persönlich, mehr zurückzustecken und Ihre Kinder mehr machen zu lassen ...

Mack: ... ich hatte das große Glück, diese fast 50 Jahre Berufstätigkeit gesund zu überstehen. Das ist nicht selbstverständlich. Ich habe in meinem Leben nahezu alles selbst entschieden und ich will auch selbst entscheiden, wie die Übergabe in die nächste Generation läuft. Dazu war die Entwicklung der Familiencharta und die neue Form der Fa- milienstiftung sehr wichtig. In dieser Phase befinden wir uns und es klappt aus meiner Sicht sehr gut. Ich hoffe, dass man mal später sagen wird, Roland Mack hat rechtzeitig der nächsten Generation Vertrauen geschenkt und Verantwortung übertragen. Er hat nicht bis zur letzten Stunde versucht, das Unternehmen alleine nach seiner Vorgabe zu führen. Er hat seinen Kindern die Chance gegeben, sich entwickeln zu können wie er selbst. Ich hoffe, dass das einmal ein positives Bild von mir sein wird – auch in diesem Punkt der, zugegeben, nicht ganz einfach ist.

Wenn Sie ein junger Mensch fragt: Soll ich mich selbstständig machen? Was sagen Sie?

Mack: Erstmal ist es eine tolle Idee. Ein Leben lang für sich unabhängig zu wirken, ist toll. Man ist natürlich in vielen Prozessen durch den Gesetzgeber eng eingeschränkt in der Freiheit, aber immerhin ist man nicht von anderen abhängig. Das ist ein schönes Gefühl, sein eigener Herr zu sein. Es wird aber immer schwieriger, heute auch wirtschaftlich erfolgreich zu sein, das möchte ich nicht verschweigen. Wenn man zurückschaut: Das Haus meiner Eltern war verpfändet, wir hatten Bankschulden und sind heute dennoch sehr gut aufgestellt. Also, man sollte durchaus den Mut haben zur Selbstständigkeit. Mein Vater war 53, als er den Europa-Park mit mir gestartet hat. Als es um den Lohn für mich ging, hat er gesagt: „Du bist beteiligt am Unternehmen, deshalb verdienst Du weniger.“ zuerst hat mir das nicht so gepasst, aber heute rückblickend hat er Recht behalten. Einerseits hat der Unternehmer Chancen, mehr Geld zu verdienen, er kann aber auch mehr verlieren. Für mich als 24-Jährigen war das damals nicht ganz leicht zu entscheiden. Rückwirkend war alles richtig.

Wie viel Prozent eines guten Unternehmers kann man lernen und wie viel ist angeboren?

Mack: Das Feuer und die Emotion hat man oder man hat es nicht. Vater hat immer gesagt, als Unternehmer wird man geboren. Je älter ich werde, umso mehr muss ich ihm Recht geben. Man kann aber schon auch Vieles mit Fleiß und System und einer guten Ausbildung sowie mit dem Willen zur Qualität und Präzision erreichen. Das sind die Tools für das Tagesgeschäft. Für den richtig durchschlagenden Erfolg braucht es die Emotion. Jeder muss auch selbstkritisch fragen, bewältige ich das, schaffe ich das? Ein Unternehmer braucht auch immer Selbstkritik. Die ist nicht jedem gegeben.

Wann und wie haben Sie Ihr erstes Geld selbst verdient?

Mack: Indem ich gejobbt habe bei Mack Rides, damals noch Mack Waldkirch schon als zwölfjähriger. Als 14-Jähriger hat mir mein Vater ein Reißbrett gekauft. Er hat geglaubt, das sei das schönste Geschenk für seinen Sohn. Ich habe das damals komplett anders empfunden. Ich musste auf Fußball und Vieles verzichten. Es gab dann immerhin 50 Pfennig die Stunde. Das war damals ein schönes Taschengeld. Eine kleine Entschädigung.

Als Mindestlohn würde das nicht durchgehen ...

Mack: ... und es war Beschäftigung von Kindern ... im Ernst, was ich mitgenommen habe: Unternehmer zu sein, heißt auch, Verzicht zu üben. Ohne das geht es überhaupt nicht.

Was geben Sie Ihren Kindern und Enkeln mit auf den Weg?

Mack: Ich kann eigentlich vor allem das sagen, was mein Leben erfolgreich gemacht hat. Das sind Eigenschaften und Tugenden wie Bodenständigkeit, Fleiß, Qualitätsbewusstsein, Innovation, mit Menschen auf Augenhöhe umgehen, jeden Menschen schätzen. Damit lassen sich der Europa-Park und unser gesamtes Unternehmen noch lange auf Erfolgsspur halten. Mein Vater hat mir das Vertrauen geschenkt, Entscheidungen zu treffen, das gebe ich weiter an meine Kinder. Mein Vater hat oft gesagt: „net schwätze, sondern mache".

Worüber können Sie sich so richtig zutiefst freuen? Gibt es Momente im Europa-Park, in denen Sie komplett entspannt sind?

Mack: Freuen kann ich mich über den Brief eines Gastes, der aus vollem Herzen seine Begeisterung über unseren Park ausdrückt. Wenn es dann ein junger Mensch ist und man spürt, das ist total ehrlich, dann freue ich mich schon sehr. Dann sage ich, jede Minute, die ich hier reingesteckt habe, hat sich gelohnt. Ein einzelner Besucher spricht für viele andere Gäste. Das erlebe ich unheimlich oft bei kurzen Gesprächen im Park. Ich fühle mich deshalb so wahnsinnig wohl mitten unter den Gästen im Park, nicht im Büro ... ich genieße diese wunderbare Natur des Parks. Das ist ein Geschenk Gottes, dass wir solch einen tollen Platz gefunden, bewahrt und ausgebaut haben. Ich habe in meinem Leben mehr als 10.000 Bäume gepflanzt. Vielleicht mehr Bäume als mancher Grüner ...

Ganz offen gesagt, fällt es auch manchmal schwer, mich über die positiven Dinge zu freuen, weil ich mir ein Kontroll- und Qualitätsdenken angeeignet habe, das eher den Fehler als das Gute sieht. Das bringt mir auch manche Kritik bei den Kindern ein. Aber ich will immer besser werden. Am leichtesten fällt es mir, im Biergarten ein Feierabendbier zu trinken. Die Gäste sind weg. Aber ich freue mich dann schon wieder, wenn sie am nächsten Tag wieder da sind. Allein, nur mit der Ruhe würde das nicht mehr funktionieren.

Der 70. Geburtstag ist ja auch ein Einschnitt. Welche Ziele haben Sie?

Mack: Ich will operativ deutlich mehr Verantwortung übertragen, werde aber als Vorsitzender des Vorstandes der Franz Mack-Stiftung in wichtigen Weichenstellungen noch weiterhin aktiv bleiben und meine Erfahrung auch gerne weitergeben. Was ich persönlich nicht gelernt habe, ist, Freizeit zu gestalten. Mein Leben ist der Europa-Park.

Horst Koppelstätter