Begegnung

Gespräch mit Diplom-Psychologin Barbara Siegrist - Psychologischer Dienst für Kinder- und Jugendmedizin

Der Psychologische Dienst ist ein fester Bestandteil der stationären Behandlung von chronisch und akut erkrankten Kindern und Jugendlichen sowie ihrer Familien am Städtischen Klinikum Karlsruhe. Bis zu 30 Prozent aller stationär behandelten Patienten – vom Frühchen bis ins 18. Lebensjahr – benötigen laut internationaler Studien eine psychologische Betreuung. 

Die Einrichtung psychosozialer Stellen in der Pädiatrie steigt kontinuierlich an. Wo sehen Sie die Gründe für diese Entwicklung?
Als ich 1992 im Klinikum anfing, war die psychologische Unterstützung in einer somatisch ausgerichteten Klinik nicht selbstverständlich. Die Zunahme chronischer Erkrankungen und die damit verbundenen Probleme der Krankheitsbewältigung, der allgemeine Anstieg psychosozialer Auffälligkeiten im Kindes- und Jugendalter und der Wissens- und Forschungsstand psychosomatischer Zusammenhänge haben dazu beigetragen, ein neues Bewusstsein für dieses Thema zu schaffen und Einrichtungen dieser Art zu etablieren.

In welchen Bereichen ist der Bedarf an psychologischer Betreuung in der Kinder- und Jugendklinik besonders hoch?
Im Jahr kommen rund 500 Kinder und Jugendliche mit akuten Beschwerden zu uns. Das können psychosomatische Erkrankungen, Essstörungen, Alkoholprobleme, Suizidgefahr, häusliche Gewalt, Kopf- und Bauchschmerzen etc. sein. Bei den chronischen Krankheiten sind es vor allem Krebs, Diabetes, Rheuma, Epilepsie und Darmkrankheiten.

Was ist in der psychologischen Begleitung von Familien chronisch kranker Kinder besonders wichtig?
Unsere Aufgabe ist es, den Patienten und ihren Familien ein Verständnis für die Krankheit zu vermitteln und sie psychologisch zu begleiten. Wir erklären altersgerecht – bei den kleinen Patienten mit Puppen und Kinderbüchern –, was medizinisch gemacht werden muss und warum: z.B. Tabletten einnehmen, bestimmte Untersuchungen durchführen oder Infusionen geben, um ihre Mitarbeit zu gewinnen. Während der Arztvisite muss es meist schnell gehen und die Familien verstehen oft die medizinischen Begriffe nicht. Letztlich ist es auch so, dass nicht nur die Kinder psychologisch betreut werden müssen, sondern auch ihre Eltern und oft auch die Geschwister.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Mit 1,5 Stellen ist die Personaldecke in unserem Bereich sehr dünn. Eine Aufstockung wäre hier wünschenswert. Hilfreich wäre außerdem der Ausbau des Angebotes an Gruppenarbeit, um z.B. Kinder mit Essstörungen oder chronischen Bauchschmerzen in ihrer Krankheit zu schulen.