Rulantica ist grün

Wie der Bau der neuen Wasserwelt ökologisch ausgeglichen wird

Der Europa-Park macht neuerdings Filme und lässt Romane schreiben – aber Honig? Ja, auch das! In den Park-Shops gibt es Blütenhonig aus eigener Herstellung zu kaufen. Er stammt von Bienenvölkern, die auf eigenen Blumenwiesen umherschwirren. Ihre Ansiedlung verdanken sie Rulantica. Im Zuge des Baus der neuen Wasserwelt und des dazugehörigen Hotels „Krønasår“ wurde eine acht Mitglieder starke ökologische Arbeitsgruppe gebildet, um Ausgleichsmaßnahmen zu planen.

 Die Ausgleichsmaßnahmen reichen von der Ansiedlung von Bienen bis zur Pflanzung von 2000 Bäumen

Bei solchen Bauprojekten ist es Vorschrift, dass ein ökologischer Ausgleich für den Eingriff in die Natur geschaffen wird.

„Der Großteil der dafür entwickelten Maßnahmen ist bereits umgesetzt“,

berichtet Jürgen Sedler, Chef der Europa-Park-Gärtnerei und Sprecher der Arbeitsgruppe, der unter anderem auch Ann-Kathrin Mack, jüngste Tochter von Marianne und Roland Mack, angehört. Die Gruppe von Landschaftsgestaltern und Experten aus Naturschutz, Forst und Landwirtschaft sowie Jagd kommt mindestens einmal im Monat zum Austausch zusammen, um laufende Projekte zu beraten und zu kontrollieren sowie neue anzustoßen. Nach Abschluss aller Maßnahmen soll das gesamte Gelände die Qualität eines Naherholungsgebietes aufweisen, so Sedler weiter.

Acht Bienenvölker mit jeweils um die 50.000 Bienen sind seit 2017 auf dem Rulantica-Areal angesiedelt worden und fliegen auf den umliegenden Feldern umher, um Nektar und Pollen für sich und ihren Nachwuchs zu sammeln – und natürlich, um dabei Blüten zu bestäuben. Sie gehören einem Imker aus der Region, für die Gewinnung des parkeigenen Honigs besteht eine Kooperation. Ann-Kathrin Mack, die Architektin ist, hat als eine ihrer ersten Aufgaben im Europa-Park einen Pavillon für die Bienen-Stöcke entworfen. Die Bienen sind aber nur ein Teil eines ganzen bunten Straußes an Ausgleichsmaßnahmen. sind an vielen Stellen auf dem Gelände und auch außerhalb Hunderte unterschiedlicher Bäume und Sträucher gepflanzt worden. Schon der Europa-Park, der 2013 als erster Freizeitpark der Welt vom TÜ V Süd als „Green Amusement Park“ ausgezeichnet wurde, ist ein riesiges Naturtheater.

Ihm verleihen insgesamt rund 5.000 Bäume von 400 verschiedenen Arten ein einzigartiges grünes Flair. Für die neue Wasserwelt gesellen sich noch weitere 2.000 Bäume dazu – darunter 14 Meter hohe Waldkiefern sowie große Birken, Rotfichten und Hainbuchen. Allein 1.300 Eichen wurden bereits 2016 im Aufforstungsgebiet „Eiserne Hand“ südlich der Wasserwelt gepflanzt. Die Begrünung des Vorplatzes des Hotels „Krønasår“ erfolgt auch mit „Bäumen des Jahres“ von 2013 bis 2019.

Mehr Nistkästen als vorgeschrieben

Dazu bietet eine reichhaltige Blütenvielfalt Lebensraum für Insekten. Auf einer Fläche von zwölf Hektar erfolgte eine Aussaat, auf der im Frühjahr eine Blumen-, Kräuter- und Blütenwelt geradezu explodiert. „Für Bienen und Insekten bedeutet das eine komplette Abdeckung ihrer Nahrungsquellen von Januar bis Oktober“, sagt Sedler. Viele Wildsträucher wie Sanddorn, Haselnuss, Schneeball oder Hartriegel sowie rund 10 .000 Narzissen begrenzen die beiden großen Versickerungsbecken, die für das Oberflächenwasser angelegt worden sind. Begrünte Wildschutzzäune und viel Begleitgrün an den Straßen schützen Tier und Mensch, spezielle Korridore ermöglichen Wildtieren und Fledermäusen den Wechsel in die Waldgebiete.

Steinhügel sind als Schutz- und Rückzugsräume für Kleinsttiere errichtet worden. In einem künstlich angelegten Biotop fühlen sich inzwischen schon einige Eidechsenarten heimisch. Außerdem an die 200 Nistkästen für Haussperling oder Kohlmeise sind im und außerhalb des Rulantica-Geländes angebracht worden. Die Nistkästen sind auch ein gutes Beispiel, wie sehr das Thema Natur dem Europa-Park am Herzen liegt. „Wir hatten die Vorschrift, 28 neue Nistkästen in dem an Rulantica angrenzenden Waldgebiet zu verteilen“, beschreibt Sedler.

„Letztendlich wurden es alleine dort insgesamt 60 Kästen, die wir aufgehängt haben.“

Ökologische Erlebnisstation in Planung

Zu den weiteren ökologischen Maßnahmen zählen die Erweiterung der Fischtreppe im Europa-Park und die Sanierung von Stellfallen im nahegelegenen Gebiet der Elzwiesenwässerung. Die Elzwiesen sind eine sich zwischen der Autobahn A5 und den Orten Rheinhausen, Rust und Herbolzheim erstreckende Wiesenlandschaft.
 Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden sie systematisch mit einem Grabensystem aus Haupt-, Seiten- und Verteilungsgräben durchzogen. Damit ließen sich die Erträge der Wiesen vor allem zur Futterherstellung für Pferde erheblich steigern – durch gezielte Bewässerung per Stellfallen, womit kleine Schleusen gemeint sind. Heute bilden die Elzwiesen eines der letzten zusammenhängenden größeren Wiesengewässer in Baden-Württemberg. „Bei den Stellfallen bestand allerdings ein so hoher Sanierungsbedarf, dass der Fortbestand der Elzwiesen gefährdet war, da keine öffentlichen Gelder zur Verfügung standen“, erläutert der Freiburger Landschaftsplaner Gerhard Babik, der als Berater für den Europa-Park und die Gemeinde Rust tätig ist.

„Ohne konkrete Notwendigkeit erklärte sich Roland Mack 2009 bereit, die Sanierung finanziell zu unterstützen.“ Der Erhalt der Elzwiesen ist sogar ein Projekt mit europäischer Dimension: Gemäß der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union gehören die Elzwiesen zu den wichtigen Gebieten zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen. Während der Wiesenwässerung finden sich hier nämlich viele Wiesenbrüter und rastende Zugvögel. Weitere Ausgleichmaßnahmen für Rulantica sind unterdessen von der ökologischen Arbeitsgruppe noch in der Mache: So sollen ein Erlebnispfad, ein Family-Trail, eine Walking-Strecke sowie ein Wasserpfad entstehen – und eine ökologische Erlebnisstation, damit auch Besuchern die ganze Vielfalt der grünen Wasserwelt nahe gebracht werden kann.

„EP Go!“
Die Mitarbeiter werden intensiv zur Nachhaltigkeitsstrategie geschult

Alle neuen Mitarbeiter werden in dem Einstiegstraining „EP Go!“ geschult. So steht auch die Nachhaltigkeitsstrategie des Europa-Park auf dem Lehrplan. Im Leitbild des Familienunternehmens heißt es: „Wir sind uns der Verantwortung gegenüber Umwelt und Kultur bewusst und nehmen diese durch sorgfältigen und nachhaltigen Umgang mit Landschaft, Energie, Rohstoffen und Gebäuden wahr.“

Die Fort- und Weiterbildung der Mitarbeiter ist dem Europa-Park sehr wichtig. Jährlich werden von der Europa-Park Akademie hunderte verschiedener Seminare angeboten. Auch die rund 550 neuen Mitarbeiter von Rulantica und dem Hotel „Krønasår“ werden in das Programm einbezogen, das Knigge- und Rhetorikkurse ebenso wie Barkeeper-, Zigarren- und Wein- sowie Bierschulungen umfasst. Zudem sind ausführliche Unterweisungen zu den Themen Sicherheit, Umwelt und Brandschutz Pflicht.

Christoph Ertz