„Damit setzen wir weltweit Maßstäbe“

Die sensationelle Wasserwelt des Europa-Park hat ihre Tore geöffnet

Wie eine riesengroße Muschel erhebt sich ein neues Gebäude aus der südbadischen Rheinebene: Rulantica! Es ist die neue Indoor-Wasserwelt des Europa-Park. Seit 2016 wurde auf der Baustelle gearbeitet. Entstanden ist Rulantica sprichwörtlich auf der grünen Wiese – vorher war dort vor allem Mais angebaut worden, so weit das Auge reichte.

„Man konnte sich um 360 Grad drehen und sah nur Maisfelder“,

beschreibt Thomas Mack, geschäftsführender Gesellschafter des Europa-Park.

Mit der Eröffnung am 28. November 2019 ist Europas lange Zeit größte Baumaßnahme in der Freizeitpark-Branche zu ihrem Ende gekommen. Entstanden ist eine einmalige Attraktion. Man könnte den Bau auch so beschreiben: Der Leuchtturm des Hotels „Bell Rock“ hat sein Meer bekommen. Denn von ihm aus gesehen in südöstlicher Richtung ist die Wasserwelt zu finden. Der Begriff „Wasserwelt“ ist wichtig. Denn: „Das ist kein Wellness-Bad“, betont Europa-Park-Chef Roland Mack. 

„Das gibt es so kein zweites Mal.“

Auf der ingesamt 45 Hektar großen Resort-Erweiterung bildet eine rund 12.000 Quadratmeter große Schwimmhalle das Herzstück. Bis zu 5.000 Gäste erleben in ihr täglich einen unvergleichlichen Badespaß für Groß und Klein. Für deren Vergnügen sorgen 25 Wasserattraktionen. Die Gäste plantschen, schwimmen und toben in neun thematisierten Bereichen. Die neue Spaßinstitution rund ums erfrischende Nass bietet 17 Rutschen und eine Grotte mit Wellenbad. Unter anderem auch noch ein Abenteuerspielplatz mit versunkenen Dreimastern, ein Strömungskanal und ein künstlicher Gletscherberg sorgen für weitere Erlebnisfaktoren. Kleine und große Wasserabenteurer können sich zudem durch den Wildbach „Vildstrøm“ treiben lassen. Er schlängelt sich auf einer Länge von 190 Metern durch den 8.000 Quadratmeter großen Außenbereich.

Rulantica – das Phantasieuniversum

Zum Wasserpark im insgesamt 32.600 Quadratmeter großen, muschelförmigen Indoorbereich gesellt sich das bereits im Frühjahr eröffnete Hotel „Krønasår“. Im sechsten Themen-Hotel des Europa-Park stehen rund 1.300 Betten zur Verfügung. Doch Rulantica ist nicht nur ein Spaßbringer aus Beton und Wasser. Nach der Idee von Michael und Thomas Mack, geschäftsführende Gesellschafter des Europa-Park, ist es vielmehr auch eine ambitionierte Geschichtenwelt für Abenteuerund Entdeckerlust.

„Lange bevor die ersten Bagger gerollt sind, hat Mack-Media den Namen kreiert“, erklärt Michael Mack. Und seit Jahren wird um diesen Namen herum an einem ganzen Phantasieuniversum getüftelt. Alles, was in der Wasserwelt an Dekoration zu sehen ist, hat daher eine tiefere Bedeutung – und die ist nordisch angehaucht. Rulantica ist kein Tropenparadies, wie es in der Bäder-Welt sonst üblich ist. Es gibt darin keine einzige Palme. Dafür ranken sich die Themen in der Ruster Wasserwelt um Meerjungfrauen, Trolle und Legenden aus der nordischen Mythologie. 

„Man kann die Wasserwelt natürlich auch erleben, ohne die Geschichte zu kennen“,

erläutert Tobias Mundinger, bei MackMedia zuständig für die inhaltliche Rulantica-Markenentwicklung.

„Wir machen eine Riesengeschichtswelt auf – für unterschiedliche Zielgruppen.“ Unter anderem arbeiten daran eine Schriftstellerin, Designer, ein Filmautor und ein Theaterdramaturg mit, damit sie über verschiedene Medien funktionieren kann. Wasserspaß samt eigens dazu entwickeltem Thema – das ist einmalig! „Eine solche Kombination aus Wasserpark und Themenpark gibt es weltweit noch nicht“, betont Roland Mack. „Damit setzen wir erneut Maßstäbe in unserer Branche.“ Mit Rulantica und dem Erlebnishotel „Krønasår“ entstehen zusammen 550 neue Arbeitsplätze, 300 davon in der Wasserwelt.

Mit einer Investition von insgesamt 180 Millionen Euro (inklusive dem dazugehörigen Hotel „Krønasår“) ist Rulantica das größte Projekt in der Geschichte der Unternehmer-Familie Mack. Mit der Eröffnung am 28. November 2019 fand ein Vorhaben sein Happy End, das bereits vor langer Zeit geboren wurde: „Die erste Idee stammt aus dem Jahr 1996“, sagt Roland Mack. „Es zeichnet Familienunternehmen auch aus, dass sie, wenn sie eine Idee haben, da bleiben, wo sie ihre Idee platzieren. Konzerne wären schon längst über die Berge gezogen.“

Sein Bruder Jürgen Mack gibt einen weiteren Einblick: „Erst hatten wir einen reinen Outdoor-Park im Sinn, doch damit wären die Öffnungszeiten zu gering gewesen, um wirtschaftlich zu sein.“ Der geschäftsführende Gesellschafter betont zudem, dass Rulantica ein generationenübergreifendes Projekt ist, das von Roland Macks Kindern Michael, Thomas und Ann-Kathrin maßgeblich vorangetrieben wurde: „Es wurde intensiv diskutiert und alle mussten dahinter stehen.“ Die Architektin Ann-Kathrin Mack war schon früh bei der Erarbeitung der gesamten Designbooklets und deren Umsetzung in der riesigen Wasserwelt Rulantica eingebunden. Das spektakuläre Design trägt auch ihre Handschrift.

Entstanden auf der grünen Wiese

Rulantica hatte auch ein gewaltiges Genehmigungsverfahren hinter sich zu bringen, das unter anderem beim Justiziar des Europa-Park, Michael Thoma, zusammenlief. Hunderte von Ordnern hat er in seiner Kanzlei in Waldkirch zur neuen Wasserwelt angelegt. „Rulantica nimmt einen ganzen eigenen Aktenschrank ein“, erklärt er. Das Genehmigungsverfahren geriet so groß, dass der Tourismus-Zweckverband 10 Ringsheim/Rust aus der Taufe gehoben und im Landratsamt Offenburg eine eigene Arbeitsgruppe – eine Taskforce – gegründet wurde, etwa um die Zusammenarbeit mit 14 verschiedenen Fachbehörden zu koordinieren.

„Die Wasserwelt entstand ja auf der grünen Wiese“,

sagt Thoma. „Die Fläche musste zuerst im Regionalplan als regionaler Grünzug herausgenommen werden, dann kamen der Flächennutzungsplan, anschließend der Bebauungsplan und dann das Genehmigungsverfahren.“ Zudem mussten Gutachten erstellt, Ausgleichsflächen gesucht und Wildkorridore eingerichtet werden. „Allein drei, vier Jahre haben wir für den Kauf der Fläche verhandelt“, sagt Thoma.

80.000 Kubikmeter Erdmasse bewegt

Wesentlich zum Gelingen beigetragen hat eine umfangreiche Bürgerbeteiligung. „Es gab insgesamt acht Versammlungen, in denen wir viele Fragen durch Fachleute klären konnten“, erläutert Thoma. „Zu den ersten kamen bis zu 900 Menschen, dabei war Wasser das größte Thema. Aber die Sorge, wir würden den Leuten das Wasser wegnehmen, konnten wir schnell entkräften, denn zum einen haben wir in der Rheinebene mit die beste Wasserbevorratung in ganz Deutschland und zum anderen haben wir mit drei Tiefbrunnen eine eigene, autarke Wasserversorgung aufgebaut.“ Um die Wasserwelt möglich zu machen, waren zudem beeindruckende Infrastrukturmaßnahmen nötig. „Unter anderem 80.000 Kubikmeter Erdmasse wurden bewegt, 40.000 Kubikmeter Kies befördert, 1.800 Meter Abwasserkanal und 3,5 Kilometer Wasserleitungen gelegt, 2.000 Bäume gepflanzt und 7.000 Quadratmeter Rollrasen verlegt“, beschreibt Roland Mack.

Im September 2017 erfolgte dann die Grundsteinlegung – seither ist Rulantica Stück für Stück gewachsen. Zeitweise drehten sich elf Kräne um die Baustelle. „Es ist ein sehr komplexer Bau“, erläutert Baudirektor Thomas Renner-Boh. „Wir mussten erst lernen, das Gebäude zu verstehen.“ Welche Bauschritte sollten zuerst kommen, erst die Bodenplatte, dann das Dach oder umgekehrt? Oder welche Becken mussten als erste fertig gestellt sein? Der Treppenturm einer Rutsche führt nicht einfach nur nach oben, sondern er ist mit anderen Teilbereichen verschachtelt verbunden.

„Wir haben unterschiedliche Ebenen, so dass wir bei dem Turm immer abschnittsweise bauen mussten, Treppenturm anfangen, dann Decke einziehen, weiter mit dem Turm und wieder eine Decke einziehen“, erklärt Renner-Boh. „Es gibt viele Nischen, man hat nie das Gefühl, die Halle erschlägt einen. An anderen Stellen, nur wenige Meter weiter, öffnet sich die Wasserwelt dann wieder zu weiten Blicken mit richtigen Wow-Effekten.“

Im August 2018 erfolgte ein besonderer Meilenstein. Zwei Kräne mit einer maximalen Traglast von 450 Tonnen halfen dabei mit, dass die neue Wasserwelt ihr imposantes Dach bekam. „Es gibt in Deutschland nur noch einen größeren Kran mit 700 Tonnen“, erklärt der Baudirektor. „Wir wollten annähernd ohne Stützen auskommen“, erläutert er. Deshalb wurde die gesamte Decke aus so genannten Leimbindern zusammengesetzt. Leimbinder sind industriell gefertigte Holzbalken aus verleimten Brettschichten. Sie kommen häufig bei Konstruktionen zum Einsatz, bei denen eine hohe statische Belastbarkeit gefordert ist – so wie beim Dach des Wasserparks Rulantica. Mit jeweiligen Maßen von knapp vier Metern Höhe und einer Breite von rund 3,5 Metern wurden sie am Boden zusammengebaut und dann nach und nach mit den Kränen auf einer Länge von fast 90 Metern in die Wasserwelt gehoben. „Durch diese Konstruktion kommen wir mit nur wenigen Stützen aus, auf denen das Dach liegt“, erklärt Renner-Boh weiter. In der 20 Meter hohen Halle reichen die Blicke der Gäste damit nahezu ungehindert durch eine riesige Glasfront bis in den Schwarzwald.

Erweiterungen sind schon geplant

„Beim Hotel „Krønasår“ haben wir an die 17.000 Kubikmeter Beton verbaut“, sagt der Baudirektor. „Für Rulantica war etwa die doppelte Menge nötig.“ Unter der Gesamtprojektleitung des Schweizer Baumanagers Charles R. Botta haben über die gesamte Zeit mehr als 1.000 Menschen aus rund 40 Gewerken an Rulantica mitgebaut. Die Eröffnung am 28. November 2019 war im Grunde eine Zwischenetappe. Insgesamt kann die Familie Mack ihre Wasserwelt in der Zukunft auf einer Fläche von insgesamt rund 120 Hektar entwickeln, was laut Roland Mack die Möglichkeit bietet, die Kapazitäten sogar zu verdoppeln. Rulantica wird also wachsen. Wann? Das bleibt noch ein Geheimnis. „Wir sind schon weitestgehend durch in der Planung“, erklärt Michael Mack in einem Interview, „die Pläne lassen wir aber erst einmal in der Schublade. Wir haben auch noch eine weitere fertig geplante Erweiterungsphase, die das Rutschenangebot nochmals vergrößern würde. Wir warten jetzt ab, für welche der zwei Optionen mehr Nachfrage besteht  und entscheiden dann, welche wir zuerst umsetzen.“

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Christoph Ertz