»Juhu, die Störche kommen wieder«

Leben in luftiger Höhe // Alle fünf Storchennester im Europa-Park sind belegt

Mit ausgebreiteten Flügeln gleiten sie sanft durch die Lüfte und ziehen majestätisch ihre Kreise. Störche kehren meistens wieder in ihre einmal gemachten Nester zurück, auch wenn Monate dazwischen liegen und sie  tausende von Kilometern weggeflogen sind, um zu überwintern.

Die fünf Storchennester im Europa-Park sind über den Sommer alle belegt. „Anhand der Beringung können wir erkennen, dass immer dieselben Paare zurückkommen“, erläutert Fabio Leidner, der sich in Deutschlands größtem Freizeitpark um die stolzen Schreitvögel kümmert. Sobald die Störche im März aus Afrika zurückkehren, tritt Leidner mit Alexander Schindler, dem Leiter des Naturzentrums Rheinauen in Rust, in Kontakt und gemeinsam gehen sie die Nester ab. Die Gemeinde Rust hat noch zwei weitere Nester. Alle werden über Winter per Hubsteiger gereinigt und wenn nötig mit neuen Weiden besponnen. Fleißig sammeln die Störche dann noch Moos, Gräser und alte Äste für ihre stabile und bequeme Brutstätte.

 Beim Storchennest im Themenbereich „Irland – Welt der Kinder“ ist eine Kamera installiert. Über Monitore können Europa- Park-Besucher verfolgen, was im Nest passiert.

Seit 15 Jahren gibt es das Storchennest in „Irland – Welt der Kinder“ des Europa-Park nun schon. In diesem Horst ist eine Kamera installiert, damit die Besucher über Monitore verfolgen können, was im Nest passiert. „Wir versuchen, gerade auch Kinder für die Umwelt und die Lebensbedingungender Tiere zu sensibilisieren. Der  Monitor ist für Bildungszwecke sehr gut geeignet. Ich erlebe immer wieder, wie die Menschen fasziniert die Brut beobachten“, erzählt Leidner. Im Laufe der Jahre kamen vier weitere Storchennester im Europa-Park hinzu. Es gibt eines auf dem 4-Sterne Superior Hotel „Santa Isabel“, das sogar den Storch als Wappentier auserkoren hat, und zwei auf den Dächern des Themenhotels „Bell Rock“.

Auch Europa-Park-Chef Roland Mack ist von den stolzen Tieren begeistert: „Störche sind eindrucksvolle Vögel und wir verbinden sie mit intakter Natur. Es ist ein gutes Signal, dass sich so viele Störche im Europa-Park angesiedelt haben und sich hier wohlfühlen. Wir sind sehr naturverbunden.“ Seit vielen Jahren schon unterstützt daher der Europa-Park auch die Revitalisierung der Elzwiesenwässerung. Dafür mussten unter anderem Ackerflächen in Wiesen umgewandelt und als Naturschutzgebiet ausgewiesen werden. Somit wurden weitere Lebensräume und Nahrungsquellen für die Störche geschaffen und deren Ansiedelung erleichtert. Es werden immer wieder ökologische Projekte, wie auch eine Fischtreppe, vom Europa-Park mitfinanziert.

Einem alten Volksglauben zufolge ist dem Hause Glück beschieden, auf dem ein Storch nistet.

Die Großvögel nisten nahe von Siedlungen, weil sie auf den dortigen Wiesen reichlich Nahrung finden. Sie ernähren sich abwechslungsreich: Insekten, Heuschrecken, Frösche, Mäuse und sogar Schlangen. Wichtig ist eben ein intaktes Feuchtbiotop, damit sie ihre Nahrung finden können. Der Europa-Park hat somit auch einen wichtigen Beitrag geleistet, dass sich die hoheitsvollen Großvögel wieder im Ortenaukreis ansiedeln. Denn durch die Umwandlung der bäuerlichen Landwirtschaft in den 1960er und 1970er Jahren hatte der Bestand an Weißstörchen dramatisch abgenommen.

Ursache war die massive Trockenlegung ganzer Landstriche und die Bevorzugung des Maisanbaus und damit die Zerstörung des natürlichen Lebensraumes der Störche. Das Engagement des Naturschutzbundes und der Bürger führte dazu, dass sich kontinuierlich wieder mehr Störche ansiedelten und eine stabile Population aufgebaut werden konnte. Die Zahlen des Ministeriums für Landwirtschaft sprechen Bände: Mitte der 1970er gab es in Baden-Württemberg nur noch 55 Brutpaare, der Storch war nahezu ausgestorben. Seit Mitte der 1980er hat sich der Bestand erholt und im Jahr 2014 konnten in Baden-Württemberg 801 Brutpaare gezählt werden. Trotzdem gibt es keine Entwarnung: Bundesweit ist der Bestand der Weißstörche zurückgegangen. Auch wenn sich die hoheitsvollen Großvögel jetzt wieder in und um Rust ansiedeln, kämpfen sie andernorts nach wie vor ums Überleben.

 Im Europa-Park und um ihn herum spazieren Störche über die Wiesen und nisten auf den Dächern.

Gleichberechtigung im Nest
Das ist mitunter ein munteres Geklappere rund um den Europa-Park! Zur Begrüßung legen die bis zu 1,50 Meter großen Tiere ihre Köpfe in den Nacken und lassen die roten Schnäbel auf und zu schnappen. Drei bis fünf Eier legt ein Storchenpaar ins Nest, nach etwa 30 Tagen schlüpfen die Jungen und sind nur 70 Gramm schwer. Beide Elternteile kümmern sich gleichberechtigt um die Aufzucht: Ein Vogel hütet das Nest, beschützt und wärmt den Nachwuchs, während der andere auf Nahrungssuche geht. „Im Naturschutzgebiet der Rheinauen finden die Störche ausreichend Nahrung“, erläutert Schindler, der sich strikt gegen Zufütterung der Wildtiere ausspricht, da diese sich sonst in naher Zukunft nicht mehr selbst versorgen könnten.

Von jeher gilt der Storch als Glücksbringer und die Mähr, dass der Klapperstorch die Babys bringe, wird immer wieder gerne erzählt. Sogar Roland Mack hat diesbezüglich eine ganz persönliche Erfahrung gemacht: „Wir haben anfangs im Schloss Balthasar gewohnt und ich erinnere mich genau, dass eines Tages 21 Störche auf dem Dach des Schlossturmes saßen, worüber ich völlig fasziniert war, und ob Sie es glauben oder nicht, kurz darauf war unser erster Sohn unterwegs“, schmunzelt der Inhaber. Viel Zeit verwenden die Tiere mit der Säuberung und Pflege ihres Gefieders. Sie entfernen Schmutz und Parasiten, lockern das Gefieder, damit die Flugfähigkeit erhalten bleibt und entnehmen einer speziellen Drüse Fett, um die Federn vor Schmutz und Nässe zu schützen. „Es ist toll, die ersten Flugversuche der Jungtiere zu beobachten. Natürlich gibt es auch immer mal wieder kleine Reibereien unter den Störchen. Wenn ein alt eingesessenes Paar zurückkommt und ein Jungstorch ihnen das Nest streitig machen will, dann ist das schon ein wildes Geklappere. Aber meist setzen sich die Alten durch“, berichtet Schindler. Manche Störche werden 30 Jahre alt und fliegen im Jahr bis zu 10.000 Kilometer! Die Meister der Lüfte sind den ganzen Sommer über rund um den Europa- Park aktiv. Augen auf, dann lassen sich die schönen, schwarz-weiß gefiederten Tiere mit ihren markanten roten Schnäbeln beim Fliegen und Futtern beobachten.

Ute Bauermeister