„Roland Mack war schon als Kind Chef"

Der Europa-Park-Chef pflegt Freundschaften noch aus Kindertagen/ Sein Freund Edgar Böhm schafft es vom Waisenkind zum erfolgreichen Gastronomen/ Lebenswege mit erstaunlichen Parallelen

Gutbürgerlich, asiatisch, Pizza, Gyros oder sogar Zwei-Sterne-Menü: Roland Mack hat beim Essen die wohl freieste Auswahl, die man sich nur vorstellen kann. In den eigenen mehr als 100 gastronomischen Betrieben bleibt so gut wie kein kulinarischer Wunsch für den Europa-Park-Chef unerfüllt. Dennoch freut er sich immer, wenn ihm sein Freund Edgar Böhm ein „Care-Paket“ mitbringt. So nennen die beiden Freunde die Mitbringsel scherzhaft. Gefüllt sind die Pakete mit allerlei Leckereien aus dem Schwäbischen, mit selbst gebackenen Brötchen „nach Großmutters Rezept“, Marmelade, Kutteln oder Maultaschen. „Das ist halt dann doch mal was anderes für den Roland“, sagt Edgar Böhm.

Mitte: Roland und Marianne Mack zu Besuch bei Edgar Böhm und seiner Frau Andrea in Sigmaringen.

Er und Roland Mack sind zusammen aufgewachsen, in der Kleinstadt Waldkirch, am Fuße des Schwarzwalds – in der Zeit nach dem Krieg, in der so vieles ganz anders war als heute. Edgar ist drei Jahre älter als Roland und hat auf den 1949 geborenen Park-Chef auch mal aufgepasst, als er noch ganz klein war. Außerdem hat er für Rolands Eltern Besorgungen gemacht oder den Hof des Betriebs der Macks gekehrt, der heute Mack Rides heißt. „Roland Mack war schon als Kind immer Chef“, lacht Böhm. Ob beim Hütte-Bauen im Wald, beim Streicheaushecken oder beim Fußballspielen, Roland Mack ging immer vorneweg. Das Leben der Freunde hat einige überraschende Parallelen. Roland Mack hat es vom Sohn eines bereits erfolgreichen Herstellers von Jahrmarktattraktionen zum „Herr der Achterbahnen“ und weltweit angesehenen Mitglied der „Hall of Fame“ des Weltverbands der Freizeitindustrie IAAPA gebracht, ebenso wie unter anderem Walt Disney.

Auch Edgar Böhm blickt auf ein erfolgreiches Leben zurück, doch dies war ihm wahrlich nicht an der Wiege gesungen worden. Böhm ist Waise, der Vater fiel im Krieg, die Mutter starb an einer Hirnhautentzündung.

Er wuchs bei der Großmutter in Waldkirch auf. Der Onkel war Chauffeur bei den Macks und hatte mit seiner Frau eine Wohnung auf dem Gelände des Betriebs – so kam die Freundschaft zu Roland Mack zustande. „Mit noch etwa einem Dutzend weiteren Freunden waren wir fast immer zusammen“, erinnert sich Böhm. „Damals durfte ich auch immer für Franz und Liesel Mack Holz holen und habe auch eingekauft für die Familie. Franz Mack ist mir als strenger Mann in Erinnerung. Er kam immer pünktlich im Arbeitsmantel und mit Datschkappe über das Werksgelände mit seinem Hund. Wenn er uns erwischte auf dem Dachboden der alten Werkhalle, wo die Modelle der Achterbahnen standen, gab es mächtig Ärger.

Roland hatte es nicht so leicht, sein Vater war ein harter Mann, wie das halt früher war. Liesel Mack war eine gutmütige Frau, ich bekam oft ein Zuckerbrot, wenn ich auf Roland aufpasste. Wir bekamen auch den ersten Lederball vom Franz Mack, da wir mit Roland fast täglich Fußball spielten. Toll waren die Freikarten, wenn Schausteller da waren.“

Ministerpräsident ist Stammgast

Schon mit 14 beginnt er dann eine Lehre als Koch in Freiburg, während der Bundeswehrzeit kommt er zum ersten Mal nach Sigmaringen, wo ein Hohenzollernschloss romantisch auf einem Felsen über Stadt und der Oberen Donau thront. Dort wird er sein Glück machen. In Sigmaringen lernt er seine Frau Andrea kennen und dort kauft er schließlich sein eigenes Restaurant, den Gasthof „Zum Alten Fritz“. Einen Kredit über 10.000 Mark nimmt er dafür auf, eine ganz schöne Stange Geld 1975 – dem gleichen Jahr, als Freund Roland mit seinem Vater Franz den Europa-Park eröffnet. Und wie dem Europa-Park anfangs ein über dem Gelände kreisender Pleitegeier angedichtet wird, hat Böhm (im Foto mit Winfried Kretschmann) zunächst ebenfalls mit geschäftlichen Herausforderungen zu kämpfen. Auch wenn sein Gasthof bereits 1848 von einem während der Revolutionszeit in Sigmaringen hängen gebliebenen preußischen Soldaten gegründet worden ist, handelt es sich beim „Alten Fritz“ in der Region um eine Institution, in der original schwäbisch gekocht wird: Linsen mit hausgemachten Spätzle zum Beispiel.

Es dauert Jahre, bis der Gastronom aus Baden in Schwaben akzeptiert wird. Heute gehören Bürgermeister und Stadträte zu den Stammgästen. Auch der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann, der in der Nähe wohnt, kommt gerne vorbei. „Viele Jahr kam er immer montags, heute ist es weniger geworden, er hat anscheinend nicht mehr so viel Zeit“, verrät Böhm, der mittlerweile auch mehrere Häuser sein Eigen nennt. „Wahrscheinlich habe ich Glück gehabt im Leben“, sagt er. „Man braucht vor allem eine gute Familie, um Erfolg zu haben.“

Die Freunde aus Kindertagen hatten sich zwischenzeitlich allerdings etwas aus den Augen verloren. „Ich habe anfangs gar nicht gewusst, dass er den Europa-Park aufgemacht hatte“, erinnert sich Böhm. Mitte der 1980er Jahre treffen sie sich wieder – „und von dem Tag an waren wir wieder die alten Freunde.“ In der Regel kommen sie mindestens zweimal im Jahr zusammen. Der Kontakt zu solchen alten Freunden ist Roland Mack wichtig, regelmäßig schreibt er ihnen Briefe und lädt sie immer wieder in den Europa-Park ein. „Edgar ist durch seinen Fleiß zum stolzen Besitzer der besten Landgaststätte Sigmaringens geworden“, ist der Park-Chef vom Lebensweg des Freundes beeindruckt. Und wenn dieser mal wieder zu Besuch kommt, geschieht dies nie mit leeren Händen. Ein „Care-Paket“ für Roland Mack hat er stets im Gepäck. Roland Mack: „Für mich sind solche Verbindungen aus alter Zeit unglaublich wichtig. Das ist auch eine Form der Nachhaltigkeit.“