Gefühl der Verbundenheit

Gespräch mit der Familienforscherin Martina Stotz über Freizeitpark-Besuche, die Vorfreude, gemeinsame Träume, die Wirkung schöner Momente bis hin zur Lösung von Konflikten

Warum schweißt der Besuch in einem Freizeitpark eine Familie zusammen?
Martina Stotz: Viele Bedürfnisse werden durch einen Besuch im Freizeitpark gleichzeitig gestillt. So erfährt eine Familie dadurch zum einen Gemeinschaft und zum anderen Spiel und Spaß. Darüber entsteht ein Gefühl der Verbundenheit, das für jede Familie und die kindliche Entwicklung sehr förderlich ist.

Wie wichtig ist die Vorfreude auf einen gemeinsamen Ausflug?
Stotz: Die Vorfreude ist ja bekanntlich die schönste Freude, weil sie genutzt werden kann, um mit Kindern gemeinsam zu träumen, sie mitbestimmen zu lassen und kreativ zu werden. Durch Vorfreude beim gemeinsamen Planen eines Ausflugs werden viele positive Gefühle ausgelöst, worüber positive Stimmung in der Familie verbreitet wird. Eine freudvolle familiäre Atmosphäre wirkt sich positiv auf die Entwicklung von Kindern aus.

Wie wichtig ist es, über das gemeinsam Erlebte danach zu sprechen, darüber zu lachen und die schönsten Momente nochmal vorbeiziehen zu lassen?
Stotz: Gespräche über Erlebtes lassen Erinnerungen wach werden. Die positiven Erfahrungen werden darüber gefestigt und sorgen für ein gutes familiäres Klima. Außerdem können Eltern ihren Kindern darüber ermöglichen, selbst kreative Ideen weiterzuentwickeln für einen zukünftigen Ausflug. Die Gestalterfreude kann also darüber im Kind geweckt werden.

Wie sehr haben gerade Familien aus Ihrer Einschätzung als Familienforscherin unter dem Lockdown gelitten?
Stotz: Familien haben dann sehr stark gelitten, wenn ihnen das „Dorf“ gefehlt hat, das jedes Kind braucht, um gesund aufwachsen zu können. Immer dann, wenn Eltern an ihrer absoluten Belastungsgrenze sind, sind sie nämlich häufig nicht mehr in der Lage, feinfühlig auf ihre Kinder zu reagieren. Deshalb ist es besonders hart für alle Eltern, die unter Existenz- ängsten, fehlender Kinderbetreuung und hohen Anforderungen im Job leiden mussten. Umso höher die Belastung für die Eltern ist, umso mehr leiden die Kinder als Folge darunter.

Was sind die Vorteile eines Freizeitparkbesuchs, wenn es darum geht, den einen oder anderen familiären Konflikt zu lösen?
Stotz: Ein Freizeitpark kann keine tiefsitzenden Konflikte lösen. Manchmal kann ein Ausflug allerdings sozusagen als „Türöffner“ dienen, um in unbeschwerten Momenten wieder zueinander zu finden. Echte Verbindung und konstruktive Konfliktlösung mit Kindern sollte jedoch täglich gelebt werden, damit sich die Kleinen geliebt fühlen. Hier hilft leider auch kein Ausflug in den Freizeitpark.

In der Familie gibt es ja unterschiedliche Interessen in einem Freizeitpark, wie lassen sich diese am besten ausgleichen?
Stotz: Empfehlenswert ist es, davor schon genau zu besprechen, welche Erwartungen die einzelnen Familienmitglieder an den Ausflugstag haben. So kann großen Enttäuschungen vorgebeugt werden. In einer kleinen Familienkonferenz, zum Beispiel auf der Autofahrt, kann dann darüber gesprochen werden, wie ein Tag aussehen kann, damit jeder etwas von dem bekommt, was er sich wünschst. Hier kann Kompromissbereitschaft wunderbar geübt werden.

Was haben Sie selbst für Erfahrungen und Erinnerungen bei Freizeitparkbesuchen und speziell im Europa-Park?
Stotz: Ich selbst habe solche Ausflüge mit meiner Familie geliebt, da ich Abenteuer und Abwechslung bereits als Kind sehr geliebt habe. Die Erinnerungen an solche Ausflüge lösen auch in mir warme Gefühle aus und ich denke mit viel Freude an solche Momente zurück.

HOK

Martina Stotz

ist Doktorin der Psychologie und arbeitet seit acht Jahren als Grundschullehrerin sowie als qualifizierte Schulberaterin. In der Schule begleitet sie Eltern, Pädagogen und Pädagoginnen und Kinder in herausfordernden Situationen. Darüber hinaus stärkt sie als Erziehungs-, Familien- und Paarberaterin Eltern in ihrer Praxis in München und auch online. In Vorträgen und Fortbildungen in Kindertagesstätten und Schulen setzt sie sich für eine Erziehung ohne Strafen und Drohungen ein und zeigt auf, wie Kindern klare und liebevolle Grenzen gezeigt werden können.
Bei Instagram (@_dr_stotz_kinderpsychologie) und über ihren Blog (www.mein-erziehungsratgeber.de) stellt sie Eltern sowie Pädagogen und Pädagoginnen kostenfreie Inhalte für eine friedvolle Elternschaft zur Verfügung. Außerdem hat sie einen eigenen Podcast „Leuchtturm sein. Der Podcast für eine geborgene Kindheit“ mit wertvollen Elternmeditationen und Talks von Fachleuten für mehr Leichtigkeit im Familienalltag.