Europa ist anmutig, weiblich & selbstbewusst

Installation des Künstlers Ottmar Hörl im Europa-Park annlässlich des 100sten Geburtstages von Park-Gründer Franz Mack sorgt für große Aufmerksamkeit

Was macht den Reiz dieser goldenen Figur „Europa“ aus? Der Galerist und Kunstexperte Gerrit Friese aus Berlin nähert sich der Kunstinstallation von Ottmar Hörl: „Europa ist anmutig, weiblich und selbstbewusst. Sie greift den (Glücks)Stern mit beiden Händen und hält ihn fest. Sie weiß, dass alles immer wieder aufs Neue ausgelotet und ausbalanciert werden muss. Und dass dann alles gelingen kann. Selbstbewusst, nachdenklich, in sich ruhend und ausdauernd, strahlt sie Besonnenheit im besten Sinne aus. Ottmar Hörl hat mit dieser Europa der Welt, in der wir leben, eine schöne neue künstlerische Definition gegeben. Er hat den Mythos Europa, in dessen Vordergrund bisher der Stier stand, in schöner Weise revolutioniert: Jetzt ist die Frau das neue Symbol, das die Attribute der Harmonie, der besonnenen Aktivität und des Miteinanders verkörpert. Unserer Europa ist das auf ihre sinnliche Weise unmittelbar einleuchtend: Dass sie mit der bestirnten Weltkugel unter den Füßen – wie Albrecht Dürers „Fortuna“, die das große Glück heißt – durch die Welt gleiten kann. Das macht den Zauber dieser Europa in Gold aus.“

Die große „Europa“-Installation des Künstlers Ottmar Hörl mit 100 goldenen Europa-Skulpturen war eine der Attraktionen über den Sommer im historischen Schlosspark am Ende der Deutschen Straße im Europa-Park. Anlass war der 100ste Geburtstag von Franz Mack am 7. März 2021.

Die von Ottmar Hörl eigens für den Europa-Park entwickelte Figur im Stile eines Stehaufmännchens, genauer gesagt der Stehauffrau, steht für „Europa“. Europa gerät zwar immer wieder mehr oder weniger ins Schwanken, steht aber gleichermaßen immer wieder auf. Hörl: „Europa kommt immer wieder in die Senkrechte, das ist genau wie dieses geniale Kinderspielzeig, das Stehaufmännchen.“ Die Figur hat eine Höhe von 80 Zentimetern. Diese limitierte Edition „100 Jahre Franz Mack“ ist mit einer eigenen Prägung versehen und von Hörl signiert. Das macht die Figuren sehr begehrenswert. Hörl sieht sich selbst als überzeugter Europäer und zeigt sich begeistert vom tagtäglich „gelebten Europa verschiedener Kulturen“ im Europa-Park.

Europa-Park-Inhaber Roland Mack: „Für uns ist es großartig, dass ein international renommierter Künstler wie Ottmar Hörl im Europa-Park die große Installation gezeigt hat. Das Thema Europa ist dafür natürlich perfekt. Im Europa-Park lebt Europa tagtäglich spielerisch. Menschen aus unterschiedlichen Kulturen treffen hier ohne Vorbehalte aufeinander. Dafür steht unser Park.“ Europa-Park-Inhaber Jürgen Mack bei der Eröffnung der Ausstellung: „Der frühere französische Senatspräsident Alain Poher fand 1989 die treffenden Worte: Familie Mack, Sie bauen das Europa für Kinder. Die europäische Idee ist aus meiner Sicht ohne Alternative. Da sind wir als Europa-Park der großen Politik ein gutes Stück voraus.“

Laudator Günther H. Oettinger mit Roland Mack (links) bei der Franz-Mack-Statue im Schlosspark des Europa-Park.

Ottmar Hörl: „Ich verbinde eigentlich alles mit Europa. Meine gesamte Existenz. Ich fühle mich immer schon als Europäer. Die europäische Identität ist mir unglaublich wichtig. Das ist ein kultureller Austausch. Wir lernen täglich voneinander. Ich bin ein überzeugter Europäer, ich habe schon in allen Ländern Europas ausgestellt. Europa steht auf tönernen Füßen. Europa ist immer noch eine avantgardistische Idee.
Im Zeitlauf der Geschichte ist Europa ja erst am Wachsen. Karl der Große war schon vor über 1.000 Jahren ein großer Europäer. Wir sehen am Brexit, wie schnell Ideologie dazu führt, das Nationalstaatliche in den Vordergrund zu stellen, wie jetzt die Engländer mit ihrem persönlichen Egoismus. Europa muss das Wanken aushalten und immer wieder aufstehen.

Ich mache ein gestalterisches Angebot als Künstler. Ich gehe davon aus, dass die Besucher die Instabilität der europäischen Gemeinschaft erkennen.

Eigentlich steckt in der Figur alles drin: Stehaufmännchen oder Stehauffrau, steh auf Europa. Man darf sich nicht entmutigen lassen, wenn etwas ins Wanken gerät oder kippt. Wir müssen immer wieder kämpfen für eine stabile Situation. Daran müssen wir alle arbeiten. Das Stehaufmännchen fällt und steht wieder auf. Es kehrt immer wieder in die Senkrechte zurück. Wie wir auch an der Demokratie ständig arbeiten müssen.

Wenn man den Europa-Park ernst nimmt, müsste er eine Heimat für alle Menschen in Europa sein. Hier erleben wir Europa auf engstem Raum. Auch das ist eine kulturelle Identität. Der Europa-Park ist wie ein Schauspiel, wie eine europäische Opernbühne. Schon sehr eindrucksvoll.“

Wie entstehen die skulpturen von Ottmar Hörl?

Die Skulpturen „Europa“ werden in einem spezialisierten, traditionellen Handwerksbetrieb in Coburg gefertigt: Im Schleudergussverfahren. Mit diesem Spezialverfahren werden die meisten bekannten Skulpturen von Ottmar Hörl geschaffen. In einem aufwendigen Prozess von mehreren Wochen wird vor der Fertigung der ersten Kunststoff-Skulptur eine Kupfergussform erstellt. Bei der Herstellung rotiert diese Gussform dann in Brennkammern. Der Kunststoff wird an die heißen Formenwände geschleudert:
Es geliert und verfestigt sich. Während des Erkaltungsprozesses bearbeiten Spezialisten die dabei entstandene Hohlraumskulptur anschließend mit der Hand nach. Auf diese Weise entstehen serielle Einzelstücke.

von Horst Koppelstätter