„Schaffe und net schwätze“

Begegnung mit dem deutschen Oscar-Preisträger Gerd Nefzer im Europa-Park

So treten Sympathieträger auf: Der 55-jährige Mann aus einem kleinen Dorf bei Schwäbisch Hall lacht herzlich, plaudert mit jedem und hat keine Spur von Star-Allüren. Gerd Nefzer ist heute im Europa-Park und einer der ganz wenigen deutschen Oscar-Preisträger. Aufmerksam verfolgt er die Zeremonie zum Aurea-Award im Europa-Park und mitten auf dem Tisch steht die goldene Statue, die Gerd Nefzer nicht aus den Augen lässt: 34 Zentimeter hoch, 3,9 Kilogramm schwer, aus massivem Metall und mit 24-karätigem Gold überzogen. Der Oscar.

Im Sockel ist der Name Gerd Nefzer eingraviert. Den Oscar gewonnen hat er zusammen mit John Nelson, Paul Lambert und Richard R. Hoover für die besten visuellen Effekte in „Blade Runner 2049“. Das war 2018. Unumwunden gesteht Nefzer: „Auch heute bekomme ich noch Gänsehaut bei dem Gedanken an den Augenblick der Verleihung.“ Wie jeder Oscar-Preisträger musste auch er unterschreiben, dass er oder seine Erben den Oscar niemals verkaufen dürfen. Ein Vermächtnis. Aber wie kommt der Oscar in das kleine schwäbische Dorf und wie kann es sein, dass Nefzer nun einen Oscar hat, obwohl er eigentlich von Beruf Landwirt und Agrartechniker ist?

Gerd Nefzer machte in der Familie seiner Frau Karriere, die schon lange im Filmgeschäft – auch mit Spezialeffekten – ist. Mit viel Liebe zum Detail und großer Erfahrung und Ausdauer verfeinerte er mit seinem Team die Technik der Spezialeffekte. Hollywood wurde aufmerksam auf ihn. Gerd Nefzer kann begeistert schwärmen von Hollywood: „So etwas hätte ich mir nie erträumt, das ist der Wahnsinn. Unvorstellbar das Filmbusiness in den USA, total verrückt die Oscar-Zeremonie!“ Dann fügt er noch in einem kleinen Nebensatz hinzu: „Es war toll, aber die Glitzerwelt ist dennoch nicht meine Welt.“ Auch mit dem Oscar ist der Mann auf dem Boden geblieben.

YouTube

emotional pur sprach mit Gerd Nefzer:

Was raten Sie einem jungen Menschen, der ins Filmge- schäft will und auch mit Special Effects Karriere machen wie Sie?
Gerd Nefzer: Ich würde unbedingt empfehlen, vorher eine handwerkliche Berufsausbildung mit Abschluss zu machen. Bei vielen Special-Effects wird die Planung und der Bau von Mechaniken, Flugsimulatoren und so weiter immer wichtiger. Hierfür wäre es sinnvoll, folgende Ausbildungen anzustreben: Metallbauschlosser, Schmied, Automechaniker, Mechatroniker und so weiter. Ein Studium als Mechatroniker, Maschinenbauer oder ähnlichem wäre natürlich noch besser. Ein Abschluss auf einer Filmhochschule ist auf jeden Fall auch ein guter Einstieg ins Filmgeschäft.

Ist die Förderung junger Talente in Deutschland und speziell in Baden-Württemberg ausreichend?
Nefzer: Ja. Ich denke, dass Baden-Württemberg viel für die Förderung junger Talente macht. Es ist jedoch auch sehr wichtig, Projekte zu fördern, bei denen die ganzen Talente Arbeit finden und ihren Lebensunterhalt verdienen können. Da müsste mehr passieren.


Was hat sich für Sie persönlich mit dem Oscar-Gewinn verändert?
Nefzer: Eigentlich hat sich für mich persönlich nicht so viel geändert, da ich ein sehr bodenständiger Mensch bin. Dennoch bin ich mega-stolz darauf, den Oscar mit meinem Team gewonnen zu haben. Der Oscar hat auf jeden Fall geholfen, mir in der Politik und der Wirtschaft etwas Gehör zu verschaffen und einige Türen geöffnet, die einem normalerweise verschlossen bleiben.

Was können wir alle daraus lernen: Nichts ist unmöglich, wenn man es nur will?
Nefzer: Als Hauptschüler mit einer Ausbildung zum Bauer (Landwirt) kann ich dem auf jeden Fall zustimmen. Es war aber auch ein hartes Stück Arbeit, bis ich im internationalen Filmgeschäft ankam und als Special-Effects-Supervisor akzeptiert wurde.

Wie erklären Sie einem Laien, was Special-Effects in einem Film eigentlich genau sind?
Nefzer: Special-Effects (Physical-Effects) sind keine Effekte, die am Computer (Visual-Effects) generiert werden, sondern physikalisch vor der Kamera (in camera) gedreht werden. Das wird leider sehr oft verwechselt. Zu unseren Aufgaben gehören alle Wettereffekte (zum Beispiel Wind, Regen, Schnee, Nebel), mechanische Effekte (Flugsimulatoren, Bewegungen und so weiter), pyrotechnische Effekte (Einschüsse, Explosionen und so weiter) und Breakaways (weiche Wände, brechende Requisiten und so weiter).

Was können Sie besser als die Mitbewerber beispielsweise in den USA?
Nefzer: Das ist schwer zu sagen. Wahrscheinlich haben da die schwäbischen Tugenden etwas geholfen – Sparsamkeit – Tüfteln – Fleiß („schaffe und net schwätze“) – oder auch Ehrlichkeit.

Wo steht Ihr Oscar normalerweise?
Nefzer: Der steht noch verschlossen in einem Koffer in unserem Tresorraum. Er wird aber früher oder später mal einen Platz auf unserem Kachelofen in der Wohnstube bekommen.

Wie waren Ihre Eindrücke im Europa-Park? Sind Sie auch schon die Achterbahnen mit VR-Brillen gefahren?
Nefzer: Ich war total beeindruckt, was die Familie Mack und ihr Team da geschaffen haben. Vor allem hat mich die Liebe zum Detail fasziniert. Mir war vorher nicht bewusst, was hinter den ganzen Fahrgeschäften für ein technisches Know-how steckt. Leider konnte ich die Achterbahn nicht testen, aber das kann ja noch kommen.

Was wird sich für die Filmbranche durch Corona langfristig ändern?
Nefzer: Wenn ich das sagen könnte, wäre ich froh. Bei uns am Filmset wird natürlich deutlich mehr auf die Einhaltung sämtlicher Hygiene- und Abstandsvorschriften geachtet, inklusive Corona-Tests. In der Vorbereitungsphase gibt es mehr Online-Meetings und Homeoffice. Wie das konkret am Set aussieht, bleibt abzuwarten. Vor allem muss man aber hoffen, dass die Menschen bald wieder mehr in die Kinos gehen und sich Filme anschauen. Abseits davon liegt der Fokus aber natürlich auf Netflix, Disney+ und Apple TV. Hier bleibt es spannend, wie weit und wie schnell diese weiter wachsen können.

von Horst Koppelstätter

YouTube

Nefzer Special Effects

Das sagt Gerd Nefzer über seine Firma: „Mit über 50 Jahren Erfahrung im Filmgeschäft ist es unser Ziel und unsere Vision, Phantasie in Realität umzusetzen. Realistische physische Spezialeffekte zu schaffen, von den Seiten eines Drehbuchs bis zur Handlung auf dem Bildschirm, innerhalb des Rahmens und der Geschichte. Wir sind stolz darauf, physische Kameraeffekte jedes Mal zur vollsten Zufriedenheit von Regisseuren und Produzenten innerhalb des Budgets und zur Verfügung zu stellen.

Sicherheit, Effizienz und Zuverlässigkeit sind wichtige Faktoren bei der Arbeit von Nefzer Special Effects. In unserem Hauptsitz in den Babelsberger Studios steht ein komplettes Verwaltungsteam bereit, das so organisiert ist, dass es schnell und effizient Teams in unseren maßgeschneiderten Werkstätten und technischen Einrichtungen zusammenstellen kann. Unsere mobilen Werkstätten sind immer bereit, an den nächsten Bestimmungsort zu rollen, wo immer es nötig ist.

Von Europa bis Asien, von Afrika bis Indien, von Russland bis Großbritannien haben wir die ganze Welt bereist. Wo auch immer wir hingehen, passen wir uns voll und ganz unserer Umgebung an, nutzen lokale Ressourcen, stellen lokale Crews ein und schaffen bei Bedarf die Infrastruktur, um die Produktion effizient einzurichten und mit der Erstellung von Spezialeffekten auf dem Bildschirm zu beginnen. Vom Konzept bis zum Entwurf, von der Umsetzung bis zur Fertigstellung haben wir immer den endgültigen Film im Kopf.“

nefzer.com