In zwei Tagen durch Europa

„Gehe einmal im Jahr irgendwohin, wo du noch nie warst“ – in Zeiten von Corona ist es wohl nirgends so unkompliziert wie im Europa-Park, diesem Rat des Dalai Lama zu folgen

Eine Reise ist wie ein Trunk aus der Quelle des Lebens, befand der Dramatiker Christian Friedrich Hebbel schon im 19. Jahrhundert. „Gehe einmal im Jahr irgendwohin, wo Du noch nie warst“, rät der Dalai Lama. In Zeiten von Corona ist es allerdings schwierig geworden, solchen Maximen zu folgen. Insbesondere Ferreisen erscheinen vielen Menschen derzeit wie ein ferner Traum. Doch zumindest Europa lässt sich erkunden, ohne auch nur einen Fuß auf italienischen oder spanischen Boden zu setzen – im Europa-Park! Ob England, Portugal oder die Niederlande: Höchstens zwei Tage benötigen die Besucher, um immerhin schon 15 europäische Länder beziehungsweise Regionen mit vielen verschiedenen authentischen Details zu entdecken.

In wenigen Schritten gelangt man von Spanien in die Schweiz und von Griechenland nach Frankreich. Außerdem sind neben den bereits genannten Ländern noch Österreich, Deutschland, Italien, Russland, Skandinavien, Island, Irland und Luxemburg besuchbar. Die Europäischen Themenbereiche locken mit landestypischer Architektur, Vegetation und gastronomischen Angeboten, so dass die Gäste mit vielen authentischen Einblicken ihre Heimreise aus dem Europa im Tagesformat antreten können. Beispielsweise sind in der Ruster Schweiz Walliserhäuser mit typischen Holz- und Steinkonstruktionen nachgebaut. Als Vorlage diente das Walliser Bergdorf Grimentz. England wartet sogar mit einem wahren Monument der Literaturgeschichte auf – dem „Globe“, einem Original-Nachbau des Shakespeare-Theaters aus elisabethanischen Zeiten. Noch berühmter ist eine rote Windmühle aus Paris. Auch die gibt es im Europa-Park: In die Fassade des Französischen Themenbereichs ist eine kleinere Ausgabe des Varieté-Theaters „Moulin Rouge“ integriert.


Malerisch und landestypisch

Solche architektonischen Schätze sind in so gut wie jedem Themenbereich zu entdecken. So wandeln die Besucher gleich hinter dem Haupteingang in der „Deutschen Allee“ an einem harmonischen Mix aus Backsteingotik, Fachwerk, Barock und Neoklassik vorbei, um sogleich beim jahrhundertealten – und echten – Schloss Balthasar zu landen. Ebenso malerisch wie landestypisch geht es unter anderem auch rund um den originalgetreuen holländischen Marktplatz, entlang der Piazza di Medici mit ihrem See und dem 25 Meter hochragenden Campanile oder entlang der nach dem Großbrand von 2018 wieder neu erstrahlenden bunten skandinavischen Häuserfassaden zu. In Skandinavien lädt sogar eine Norwegische Stabkirche mit steilen, übereinander geschichteten Dächern zu Ruhe und Besinnlichkeit ein.

Emotionen wie in Spanien oder Italien

Doch das Europa in der südbadischen Tiefebene beinhaltet viel mehr als Nachbauten berühmter Sehenswürdigkeiten und Wahrzeichen. Die Besucher erlangen vielmehr den Eindruck und die Emotion, als ob sie wirklich in den betreffenden Ländern Urlaub machen. So hat der Filmarchitekt und Bühnenbildner Ulrich Damrau (1914-2007) das europäische Themenkonzept ab 1982 in Szene gesetzt – und so ist es bis heute geblieben. Im Themenbereich Irland sind knapp 4.000 Pflanzen verteilt, um eine wahrhaftige grüne Insel auferstehen zu lassen. Der Duft von warmem Baguette und frischen Crêpes liegt im Quartier Français in der Luft. Eine italienische Pizza im Europa-Park schmeckt wie frisch auf einem Teller in Rom oder Florenz serviert. Der Geschmack des Schweizer Raclettes, der spanischen Paella oder vom griechischen Fladenbrot mit Gyros steht dem entsprechenden Urlaubsgenuss in den Alpen, in Andalusien oder auf Kreta in nichts nach. In Russland spannt der Park einen geschichtlichen Bogen von Handwerkskünstlern zur Raumstation „Mir“.

Das Wochenmagazin „stern“ begleitete einmal Roland Mack durch den Europa-Park. In Spanien fiel dem Park-Chef auf, dass bei einer gerade laufenden Renovierung ein viel zu kaltes Gelb verwendet wurde und Weinfässer sowie Krüge als Dekoration fehlten. Die Maler und Dekorateure mussten nochmal Hand anlegen. „Der Park funktioniert nur, wenn jedes Detail stimmt“, verriet Mack. „Das muss sich hier genauso anfühlen wie in Marbella!“ Dieser Anspruch durchzieht alle Themenbereiche und macht Europa tatsächlich an einem oder an zwei Tagen erlebbar.

Der beim Großbrand 2018 zerstörte Skandinavische Themenbereich erstrahlt längst wieder in neuem Glanz. Nach nur 14 Monaten Bauzeit beschert das Ruster Skandinavien seinen Besuchern Eindrücke zwischen wohliger Hygge-Gemütlichkeit und rauem Küsten-Charme, wie es sich für den Norden gehört. Auch die 2019 eröffnete Wasser-Erlebniswelt Rulantica und das im gleichen Jahr in Betrieb genommene Hotel „Krønasår” bieten Skandinavien-Feeling pur. Mit seinen bunten Fassaden erinnert „Krønasår – The Museum-Hotel“ schon von weitem an Küstenstädte wie Kopenhagen. Und die Thematisierung von Rulantica entführt kleine und große Entdecker in eine faszinierende Welt der nordischen Mythologie.

von Christoph Ertz