Abstands-App und Tausende Liter Desinfektions

Wie der Europa-Park die Herausforderungen in der Corona-Krise meisterte

Ostersonntag 2020. Roland Mack geht mit seiner Frau Marianne spazieren – durch den Europa-Park. Der ist menschenleer. „280.000 Frühlingsblumen nur für uns“, sagt der Park-Chef zu seiner Frau. Doch freuen kann er sich über dieses exklusive Erlebnis nicht. Eigentlich wollte der Park nach der üblichen Winterpause Ende März öffnen – doch dann kamen die Corona-Krise und der politisch verordnete Lockdown. Erst am 29. Mai startete der Park daher in die Saison – in enger Absprache mit den Behörden und unter strengen Auflagen.

So gibt es lediglich 10.000 bis maximal 15.000 tagesdatierte Tickets, die online gebucht werden müssen. Zudem herrscht eine Maskenpflicht auf Achterbahnen und in geschlossenen Räumen. Außerdem sollen die Gäste die vorgegebene Abstandsregel von mindestens 1,5 Metern einhalten. Dazu tragen Abstandsmarkierungen in den Wartebereichen bei.

Darüber hinaus hat der Europa-Park die Reinigung und Desinfizierung von Oberflächen, wie zum Beispiel Treppenläufen, Aufzugknöpfen, Lichtschaltern, Toiletten, Geldautomaten und Türklinken intensiviert. Auch Park-Künstler helfen mit, die Hygienevorgaben einzuhalten. Sie sind im Gelände als „Desinfekteure“ mit Desinfektionsmittelspendern unterwegs. Hinter all diesen Maßnahmen steckt ein großer zusätzlicher Aufwand für Deutschlands größten Freizeitpark. Checklisten wurden entwickelt und neue Verhaltensweisen in allen Bereichen – von der Beschaffung über die Logistik bis zu den Operateuren an den Attraktionen – trainiert. „Allein in den ersten beiden Monaten nach der Öffnung haben wir mehr als 17.500 Mehrweg- und mehr als 6.000 Einweg-Sicherheitsmasken an unsere Mitarbeiter ausgegeben“, erklärt Volker Klaiber, als „Geschäftsleitung und Direktor Operation & Service“ zuständig für über 1.400 Mitarbeiter in 18 verschiedenen Meister- und Handwerksbetrieben sowie zum Betrieb der Attraktionen. Außerdem sei ein höherer Personalaufwand an den Attraktionen notwendig, um sicherzustellen, dass die behördlichen Anordnungen eingehalten werden.

Der Park hat aber auch in dieser schwierigen Situation seine Innovationskraft unter Beweis gestellt. Es wurden zwei Apps entwickelt, die den Umgang mit den Herausforderungen deutlich erleichtern. So ist die Europa-Park-App um die Funktion „Distance Radar“ erweitert worden. Die Gäste können damit auf spielerische Weise überprüfen, ob sie die Abstände während ihres Besuchs einhalten. Eine weitere technische Neuerung läuft ebenfalls über die schon länger bestehende Park-App. Sie nennt sich „Virtual Queuing“ (virtuelles Anstehen). Um große Ansammlungen in den Warteschlangen vor den Attraktionen zu vermeiden, steht der Besucher virtuell mit der App bei einer Bahn an. Sobald jemand an der Reihe ist, bekommt er via App ein Zeitfenster zugewiesen, innerhalb dessen er die Attraktion nutzen kann. „Unsere Kollegen von der Digital & Research-Abteilung haben in die Entwicklung der Apps viele Nachtschichten investiert“, sagt Klaiber. „Jeweils nur etwas mehr als vier Wochen haben sie dafür benötigt. Normalerweise dauert so etwas zwischen sechs Monaten und zwei Jahren.“ Weitere solcher digitalen Features seien bereits in Planung.

„Chapeau“ vor den Mitarbeitern

Zum Krisenmanagement des Parks gehört außerdem ein fairer Umgang mit den Mitarbeitern. „Motivierte Mitarbeiter sind unser wichtigstes Kapital. In der von ihnen nicht verschuldeten Krise lassen wir sie nicht hängen“, betont Roland Mack. Rund 2.000 dauerhaft Beschäftigte mussten während der staatlich angeordneten Schließung in Kurzarbeit gehen. Der Park stockte ihr Kurzarbeitergeld noch einmal um 20 Prozent des Gehalts auf. Nach der Wiedereröffnung wurde für einige der Mitarbeiter ein rollierendes System im Personaleinsatz geschaffen – „um möglichst viele Mitarbeiter wieder zurückzuholen“, so der Geschäftsführende Gesellschafter Jürgen Mack, der unter anderem den Bereich Personal verantwortet. Mit all diesen Maßnahmen hat es der Europa-Park geschafft, seinen Betrieb in einer schwierigen Phase ohne Beispiel aufrecht zu erhalten. 

„Es ist eine Herausforderung für alle, die Hygieneregelungen im Sinne eines unbeschwerten Freizeiterlebnisses zu leben“, betont Ralf Stumpf, „Koordinator Hygiene“ des Europa-Park. „Die Maßnahmen brauchen Kontinuität und Durchhaltevermögen, aber überwiegend machen die Gäste sehr gut mit und den Mitarbeitern, die sich Tag für Tag mit Mund-Nasen-Maske den Herausforderungen stellen, gebührt einfach ein ‚Chapeau‘.“

von Christoph Ertz

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