Urlaub im eigenen Land

Gespräch mit Schauspielerin Gesine Cukrowski

Es ist Ihr erster Besuch im Europa-Park. Warum hat es Sie nicht früher hierher gezogen?
Gesine Cukrowski: Weil ich nicht wusste, wie toll es hier ist. Meine Familie und ich sind begeistert. Wir kennen Disneyland – aber die Attraktionen hier sind viel spektakulärer. Allein Silver Star und Blue Fire – meine Tochter und ich lieben Achterbahnen! Außerdem haben wir uns entschieden, noch mehr auf Nachhaltigkeit zu setzen und vermehrt Urlaub im eigenen Land zu machen.
Wie kommt es dazu?
Cukrowski: Einmal war ich Teilnehmerin eines Kolloquiums unter der Schirmherrschaft von Schleswig-Holsteins damaligen Ministerpräsidenten Torsten Albig. Im Rahmen dessen haben wir besprochen, was unternommen werden muss, damit unsere Ressourcen nicht bedingungslos weiter ausgenutzt werden. Es ist eine Katastrophe für die Umwelt, wenn wir weiterhin per Billigflieger die Welt bereisen. Dementsprechend haben wir unser Reiseverhalten angepasst.

Im Europa-Park können Sie an einem Tag 15 Länder Europas  bereisen …
Cukrowski: … und deshalb halte ich das Konzept des Europa-Park auch für großartig. Hier ist alles so liebevoll, originalgetreu und authentisch gestaltet, dass es eine Freude ist, sich hier aufzuhalten. Die zahlreichen Grünanlagen, der Aspekt der Nachhaltigkeit und der weitestgehende Verzicht auf Plastik fallen mir natürlich sehr positiv auf.

Wie haben Sie denn nun Ihr persönliches Reiseverhalten verändert?
Cukrowski: Wir haben die Sommerferien komplett in Deutschland verbracht. Unser Reiseverhalten hat sich seit Jahren kontinuierlich verändert. Besonders prägend war mein Besuch 2015 für die Welthungerhilfe in Karamoja im Norden Ugandas. Eine der ärmsten Regionen der Welt, die extrem unter der Klimaveränderung leidet: Statt einer Dürre haben die Menschen bis zu drei Dürren pro Jahr, was natürlich katastrophale Folgen hat. Nach diesen Erlebnissen kann ich nicht zurückkehren und mein Leben wie zuvor möglichst bedenkenfrei weiterleben.

Wir haben hier einen Luxus, den wir gar nicht mehr zu schätzen wissen: fließendes Wasser und Supermärkte, die sich in ihren Beständen und Auslagen überbieten. Ich würde mir wünschen, dass jede Schulklasse einmal nach Karamoja fährt. Es würde jeden sehr, sehr beeinflussen, wenn er dadurch erkennt, wie respektlos wir hier mit unserer Natur und unseren Ressourcen umgehen.

Glauben Sie, dass Prominente, wenn sie mit gutem Beispiel voran gehen, etwas bewirken können?
Cukrowski: Ich versuche, in meinem kleinen Kreis zu wirken. Das sind meine Familie und meine Freunde, die natürlich auch Bilder aus Uganda gesehen haben und die bereit sind, meine Erfahrungen weiter zu tragen und davon zu berichten. Und diejenigen, die es hören, tragen es dann wieder weiter und die dann auch wieder. Mehr kann ich, glaube ich, nicht tun.

Welche Erfolge konnten Sie beisher erziehlen?
Cukrowski: Bisher belaufen sich die Spenden für Karamoja auf 230.000 Euro. Wir konnten beispielsweise 546 Ziegen an Frauengruppen und alleinerziehende Frauen und Mütter mangelernährter Kinder übergeben, die als Herde von fünf Tieren das Überleben der Familien sichern. Das ist aber nur ein Beispiel für die zahlreichen Aktivitäten, welche die Welthungerhilfe mit ihrem Team vor Ort realisiert.

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Sie sind seit über 20 Jahren als Schauspielerin erfolgreich und lassen sich durch Ihre Rollen nie in eine Schublade stecken. Ist das auch das Schöne an Ihrem Beruf, dass man sich immer neu erfinden kann?
Cukrowski: Das ist das Allerschönste – je unterschiedlicher die Rollen sind, desto besser. Wobei es besonders hier in Deutschland schade ist, dass wir oft sehr enge Schubladen haben. Kollegen in Portugal, England, Schweden oder den USA sind oft nicht so eingeschränkt wie wir. Das fängt schon damit an, dass bei uns jemand, der Fernsehfilme macht, nicht für Kinofilme besetzt wird – und umgekehrt. Wer für einen Sender arbeitet, darf nicht für einen anderen arbeiten. Ein Kollege aus Portugal beispielweise, Paulo Piresh, macht Kino, spielt in Telenovelas, steht auf der Theaterbühne – und die Menschen lieben ihn dafür! Das würde ich mir für unser Land auch wünschen.

Nun ist es ja so, dass sich jeder Mensch Schauspieler nennen darf – Sie haben den Beruf jedoch studiert. Nervt das? Cukrowski: Das finde ich natürlich schon ein bisschen blöd. Ich glaube alle, die in diesem Beruf ihren Abschluss gemacht haben, haben auch einen gewissen Berufsstolz. Ich bin da eher konservativ und denke, dass wenn man einen Beruf ausübt, man ihn auch richtig erlernt haben sollte. Man merkt es auch in der Arbeit, ob jemand den Beruf wirklich über Jahre erlernt hat oder nicht.

Können Sie dafür ein Beispiel nennen?
Cukrowski: Es beginnt mit der Atemtechnik, der Stimmausbildung und dem Körpertraining. Vor der Kamera ist mein Körper mein Werkzeug, mit dem ich arbeite. Wenn der nicht trainiert ist, kann ich ihn auch nicht anwenden. Und wenn ich keine Sprechausbildung habe, kann ich auf der Bühne vor 600 Leuten ohne Mikrofon nicht so sprechen, dass ich auch noch in der letzten Reihe verstanden werde.

Ist die Schauspielerei Ihr Traumjob? Würden Sie diesen Beruf jederzeit wieder ergreifen?
Cukrowski: Als ich angefangen habe, war es tatsächlich ein Traumberuf. Heute hat sich die ganze Medienlandschaft sehr verändert – allein im Hinblick auf die neuen Medien. Diese extreme Umbruchphase ist vielleicht nicht gerade der Moment, in dem ich diesen Beruf wählen würde.

In Ihren Rollen haben Sie immer wieder mal die starke, unnahbare Frau gespielt. Ist das reizvoll für Sie?
Cukrowski: Für mich ist es nicht der Maßstab, ob ich eine starke Frau spiele, um die Rolle anzunehmen. Vor ein paar Monaten habe ich eine schwache, heroinabhängige Frau gespielt. Wichtig ist für mich, dass es ein Mensch ist, den ich verstehen kann. Dann muss der Bogen der Figur stimmen, die Entwicklung, die ich verstehen und nachvollziehen können muss. Und letztendlich frage ich mich: Nehme ich vielleicht – im besten Fall – etwas von der Erfahrung der Figur mit nach Hause, was mich bereichert?

Von Pia Hart

INFO
 Gesine Cukrowski,
1968 in Berlin geboren, war bisher in mehr als 180 Film- und TV-Produktionen zu sehen. 1997 gelang ihr der Durchbruch mit der preisgekrönten Krimiserie „Der letzte Zeuge“ (bis 2007). Ihre Wandlungsfähigkeit stellte sie in Produktionen wie „Das Wunder von Berlin“, „Zwischen Heute und Morgen“, „Fliegen lernen“ und „Die Spiegel Affäre“ unter Beweis. Ende 2016 wurde sie für ihr ehrenamtliches Engagement in das Kuratorium der Welthungerhilfe berufen. Gesine Cukrowski lebt mit ihrem Lebensgefährten und drei Kindern in Berlin.