Großes Kinoerlebnis für Jung und Alt

Xavier Koller verfilmt berühmtes Schweizer Kinderbuch „Schellen-Ursli“

In der deutschsprachigen Schweiz ist „Schellen-Ursli“ ein Mythos und ebenso berühmt wie Heidi. Regisseur Xavier Koller hat die Geschichte um den mutigen Buben in großartige Bilder gepackt. Er hat aus dem Kinderbuchklassiker einen wunderschönen Kinofilm gemacht, der die Herzen von Jung bis Alt berührt und in der Schweiz über 400.000 Zuschauer begeisterte. „Mir ging es darum, Atmosphäre zu schaffen, einen Spirit einzufangen. Ich wollte, dass der Film ein Erlebnis für Erwachsene und Kinder wird und dass das Publikum mit involviert ist“, erklärte der Oscar-prämierte Schweizer Filmemacher nach der deutschen Uraufführung im Europa-Park. Michael Mack, Geschäftsführung Europa-Park, war stolz, dass der Regisseur zur deutschen Uraufführung des „Schellen-Ursli“ extra aus Los Angeles anreiste. Verbindungen von Deutschlands größtem Freizeitpark zu seinen Schweizer Nachbarn gibt es reichlich: Sowohl Michael als auch Thomas Mack haben in der Schweiz studiert und ihr Vater, Europa-Park-Chef Roland Mack ist Ehrenbürger der Schweizer Gemeinde Chandolin.

Schon von der ersten Einstellung an zieht der Film einen in Bann: sensationelle Kamerafahrten durch die Berge, bei denen einem fast schwindelig wird.

Nicht Heidi, Uorsin ist Held des Films.

Schon von der ersten Einstellung an zieht der Film einen in Bann: sensationelle Kamerafahrten durch die Berge, bei denen einem fast schwindelig wird. In den schneebedeckten Häusern mit ihren Holzstiegen scheint die Welt noch in Ordnung zu sein. Die Kinder helfen im Stall, beim Käsen und haben Ziegen oder Hühner. Koller nimmt sich Zeit für die Gesichter der Menschen, in denen sich Schmerz, Angst und Armut abzeichnen, ebenso wie Freude und Hoffnung. Schicksalsschläge müssen sie einstecken. Und es gibt die bösen, habgierigen Lügner, die tricksen und einem das Leben erschweren. Als Uorsin mit seinen Eltern zum Überwintern in das tiefer gelegene Dorf reist, verlieren sie einen Großteil ihrer Ware und müssen sich verschulden.

„Schellen-Ursli“ ist ein bewegender Film über Schuld und Sühne, über Mut und Werte. 1945 erschien das gleichnamige Buch, geschrieben von Selina Chönz und bebildert von Alois Carigiet. Die Geschichte um den abenteuerlustigen Jungen Uorsin wurde schnell sehr beliebt. Beim traditionellen „Chalandamarz“, einem Brauchtum, das im Engadin noch heute gepflegt wird, vertreiben die Kinder mit Glocken den Winter. Eigentlich sollte Uorsin eine große Glocke bekommen, doch der gierige Roman erschleicht sich die große Glocke und für Uorsin bleiben nur die kleinen „Schellen“. „Der Dreh war ein großes Abenteuer für uns“, berichtet Laurin Michael, der überzeugend den fiesen und geldgierigen Roman, Sohn des Kaufmanns, spielt.

In der rauhen Bergwelt geht es um Schuld und Sühne.

Bei bis zu minus 20 Grad agierte die Mannschaft vor Ort im Engadin. Der Regisseur hat ein gutes Händchen für natürliche Charaktere bewiesen. „Es ist ziemlich speziell, mit einem echten Wolf zu drehen, das ist eben nicht nur ein Hund“, erzählt Julia Jecker, die im Film ganz bezaubernd Uorsins Freundin Seraina gibt. „Dafür sind wir extra früher ins Engadin gefahren und haben den Wolf immer wieder gefüttert, bis wir schließlich Freunde wurden. Die Szenen mit den Tieren haben uns viel Spaß gemacht“, sagt Jonas Hartmann, der als „Ursli“ mit seinem spitzbübischen Lächeln und seiner liebenswert offenen Art begeistert. Schon das Setting in einer fast unberührten Natur ist ein großes Erlebnis. Und dann noch an der Deutschlandpremiere in Magic Cinema 4D: Die Schneeflocken wirbeln um einen herum, die Brücke stürzt mit einem Stuhlklappen ein und bei der rasanten Schlittenfahrt auf der Glocke peitscht einem die Wassergischt entgegen.

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„Ich bin als Kind mit dem Schellen-Ursli auf- gewachsen“, meint Koller, der 1944 in Schwyz geboren wurde und nach einer Lehre als Mechaniker eine Ausbildung an der Schauspiel-Akademie in Zürich absolvierte, bevor er als Schauspieler arbeitete und dann als Regisseur. „Für mich war Ursli der erste Held meiner Kindheit: ein kleiner tollkühner Junge, der sich nicht damit abfindet, zum Gespött zu werden. Jeder erlebt irgendwann mal Demütigungen und träumt davon, es allen zu beweisen, um seinen Stolz zu bewahren und Anerkennung zu erhalten. In diesem Sinne ist die Geschichte zeitlos und universell.“

Michael Mack und Regisseur Xavier Koller.

Im Schweizer Themen- bereich gibt es ein „Schellen-Ursli-Haus“ mit Original-Requi- siten, wie etwa der Chalandamarz-Glocke von Uorsin.

Fernweh und Neugier treiben den in Los Angeles lebenden Regisseur an, der für seinen Film „Reise der Hoffnung“ aus dem Jahre 1990 den Oscar für den besten fremdsprachigen Film bekam. „Es geht mir um den einzelnen Menschen, seine Träume und Wünsche“, erläutert Koller. Sein „Schellen-Ursli“ könnte auch in Deutschland zum Mythos werden. Im Schweizer Themenbereich gibt es ein originalgetreu nachgebautes „Schellen-Ursli“ Haus mit Requi- siten aus dem Film. Bei der Eröffnung waren auch die Erbfamilien Carigiet und Chönz anwesend.

Ute Bauermeister