"Ich mache alles mit Leidenschaft und Lust"

Gespräch mit Schauspielerin Iris Berben über ihr Engagement für Israel, ihren Kampf gegen Rassismus und ihr persönliches Erfolgsrezept

von Horst Koppelstätter 

  

„Der Antisemitismus vergrößert sich wieder“, sagt Berben,
„ich lasse mich aber nicht von meinem Weg abbringen."

Weshalb ist Ihnen das Thema Israel ein so wichtiges Anliegen?

Iris Berben: Wir als Deutsche können uns von diesem Thema gar nicht trennen. Wir sind mit Israel auf eine Art verknüpft, die sehr traurig ist durch den Holocaust. Wir haben eine große Verantwortung gegenüber Israel und seinen Menschen. Das bedeutet nicht, dass wir immer mit allem einverstanden sein müssen, beispielsweise in der Politik Israels. Das wäre ein großes Missverständnis. Das müssen wir trennen. Die Vermischung dieser Punkte ist bei manchen Leuten ein willkommener Anlass für einen versteckten Antisemitismus. Wir haben eine moralische Verpflichtung gegenüber den Menschen und dem Land, unabhängig von den politischen Strömungen. Abgesehen davon kenne ich keinen Israel-Besucher, der nicht mit leuchtenden Augen zurückgekommen ist. Dieses kleine Land hat so unglaublich viele Möglichkeiten, seien es die größte Partymeile in Tel Aviv oder die historischen Stätten in Jerusalem.

   

Sie engagieren sich kompromisslos gegen Antisemitismus und gegen Rassismus ...

Berben: ... ich bin gegen jede Form von Ausgrenzung und Fremdenfeindlichkeit!

Werden Sie für solch eine Haltung auch angefeindet oder trauen die Leute sich das nicht?

Berben: Doch, doch, allein das Internet gibt eine große Anonymität, hinter der sich viele Menschen verstecken. Und es gibt auch offen unterschiedliche Meinungen. Man schämt sich heute nicht mehr, antisemitisch zu sein. Früher war das mehr im Verborgenen. Der Antisemitismus vergrößert sich eher wieder, als dass er abnimmt. Ich lasse mich von negativen Reaktionen schon deshalb nicht von meinem Weg abbringen, weil ich jeden Tag so unendlich viele positive Stimmen erlebe. Dieses Thema ist nie erledigt. Jede Generation muss ihren Weg finden, wie sie mit Menschen umgeht, die gegen jede Form von Integration sind und Ausgrenzung wie auch Fremdenfeindlichkeit betreiben.

Sie haben gerade junge Menschen angesprochen. Wie ist Ihre Beobachtung, wie Menschen unter 20 mit dem Thema umgehen?

Berben: Ein ganz großer Teil unserer jungen Generation geht sehr selbstbewusst und sehr klar mit dem Thema Rassismus und Fremdenfeindlichkeit um. Die meisten jungen Leute halten es für eine Bereicherung, das Andere, das Fremde kennenzulernen. Viele wachsen ja auch in einer Welt unterschiedlicher Kulturen auf, in der das überhaupt kein Thema mehr ist. Aber, es gibt überall auch Rattenfänger, die beispielsweise religiöse Argumente benutzen, um Menschen auszugrenzen. Manche Jugendliche wachsen auch mit der Ideologie der Ausgrenzung auf. Auch junge Menschen, die selbst ausgegrenzt werden, die keine Perspektive haben, sind gefährdet, sich dem Gedankengut von Fremdenfeindlichkeit anzuschließen.

   

Der Europa-Park hat jährlich mehr als fünf Millionen Besucher und das sind junge Menschen und Familien aller Kulturen und Nationen, die hier friedlich zusammenkommen. Der Europa-Park veranstaltet regelmäßig gemeinsam mit dem Europarat in Straßburg Jugendcamps mit jungen Israelis und Palästinensern, die gemeinsam feiern, diskutieren, Achterbahn fahren und unter einem Dach wohnen.

Berben: Ich muss sagen, ich finde das eine so herausragende und wunderbare Aktion im Europa- Park. Ich habe das nicht gewusst und bin davon total begeistert. Ein Freizeitpark hat ja etwas mit Spaß zu tun und hier kommen Menschen aller Nationen zusammen. Das ist eine der besten Ideen: Jeder möchte Spaß haben, vollkommen unabhängig davon, welche Religion oder Hautfarbe er hat. Hier entstehen die Gemeinsamkeiten über die Freude und das Schöne. Hier treffen sich alle Nationalitäten. Herrlich, dieser Ansatz! Dass der Europa-Park mit den Jugendcamps Verantwortung übernimmt, lässt sich gar nicht hoch genug einschätzen. Es ist großartig. Das Allerwichtigste ist, immer miteinander zu reden. Das baut Vorurteile ab und schafft Frieden. Der Europa-Park gibt dafür eine Plattform. Das ist der beste Weg: reden, diskutieren, feiern und Freundschaften schließen. Dass der Europa-Park solche Camps organisiert, hat mich total erstaunt und gefreut. Das ist der richtige Weg.

»Im Europa-Park spürt man eine sehr positive Energie« 
(Iris Berben)

Was verbinden Sie persönlich mit einem Freizeitpark, wie dem Europa-Park?

Berben: Ich war jetzt zum ersten Mal im Europa- Park und damit übrigens auch zum ersten Mal in einem Freizeitpark. Ich war total überrascht und habe schon allen Freunden von mir gesagt, das müsst ihr mal machen, da müsst ihr hin! Das ist nicht nur für Kinder. Diese Qualität, die Größe, das unglaublich vielfältige Angebot. Die Hotels sind große Klasse. Ich bin aus dem Staunen gar nicht heraus gekommen. Da gibt es sicherlich viele Wiederholungsbesucher, die immer wieder kommen wollen ...

... ja über 80 Prozent ...

Berben: ... das wundert mich wirklich nicht. Mein Besuch war wirklich beeindruckend. Im Europa-Park spürt man eine gute Energie und gute Energien sind die beste Plattform für alles, für jedes Miteinander.

   

Noch eine persönliche Frage: Sie sind sehr stark durchgetaktet, sind ständig unterwegs und haben ein aufreibendes Leben. Wie finden Sie persönlich Ausgleich und Balance?

Berben: Die Frage stelle ich mir selbst oft. Ich mache alles mit Leidenschaft und mit Lust, ich habe einen Beruf, der mir Freude macht und aus dem ich wieder neue Energie ziehe. Das ist nicht selbstverständlich. Viele Menschen müssen für ihren Lebensunterhalt arbeiten und können dabei keine oder wenig Freude empfinden. Da bin ich in einer sehr privilegierten Situation. Dessen bin ich mir sehr, sehr bewusst. Das darf man nie selbstverständlich nehmen. Da ich alles mit Leidenschaft mache, unterscheidet sich die Schauspielerei oft nicht so sehr von meinem realen Leben. Ich esse gerne, ich koche gerne, ich lese gerne, ich reise gerne. All diese Dinge kann ich für meinen Beruf als Schauspielerin nutzen ...

 Iris Berben (oben mit Marianne und Roland Mack) erhielt zahlreiche Auszeichnungen wie den Grimmepreis, die Goldene Kamera, den Bambi oder den Romy, mit denen sie zum Teil sogar mehrfach geehrt wurde. Seit 2010 ist sie Präsidentin der Deutschen Filmakademie.

... was bedeutet das für Sie selbst?

Berben: ... ich brauche auch Disziplin. Was für ein schönes Gefühl, etwas bewegen zu können. Wenn Du Dein Hirn hast und es nicht benutzt, ist das fahrlässig. Vielleicht unterstütze ich auch deshalb die Hirnforschung in Jerusalem. Das Motto ist: „Benutze das, was Du hast“ – jeder Mensch hat große Fähigkeiten. Und noch mal zur Frage „Wie finde ich Ausgleich“: Ich kann mich auch mit einem Buch zurückziehen und ich kann auch sehr gut alleine sein. Das kann ja auch nicht jeder. Sich selbst auszuhalten, fällt manchem Menschen schwer. Das musste ich auch erst lernen. Ich bin gut mit mir befreundet. Aber ich bin weiß Gott nicht fertig mit meiner Entwicklung. Ich befinde mich im letzten Drittel meines Lebens und sage, ich möchte so sein, wie ich bin.

Ich möchte mich ständig weiterentwickeln und immer korrekturfähig bleiben. Wir haben alle unsere Fehler und Schwächen, und man braucht immer Menschen um sich herum, die einem ehrlich sagen, wenn man Fehler macht. Es ist wichtig, mit offenen Augen und Ohren durch die Welt zu gehen und immer Neugier zu bewahren. Ich profitiere von allem Neuen und Unbekannten. Das ist sehr wichtig für mich. Bei mir muss der Berg so hoch sein, dass ich sage, oh, das schaffe ich nicht, oder das Meer so tief, dass ich sage, das kann ich nicht. Dann fange ich an zu analysieren. Ich bin ein Mensch, der immer gerne gefordert wird. Dadurch langweile ich mich nie. Ansonsten weiß ich, dass ich viel Glück habe in meinem Leben und ein Talent, mit dem ich umgehen und arbeiten darf. Dafür trage ich auch Verantwortung.

   

»Berühmt zu werden bedeutet, einen langen Weg zu gehen mit vielen Stolpersteinen«
(Iris Berben)

   

Sie sind eine sehr erfolgreiche Schauspielerin, was sagen Sie einem jungen Menschen, der sagt, ich möchte Schauspieler werden?

Berben: Ich frage ihn nur einen Satz: Möchtest Du berühmt werden oder Schauspieler? Heute wird vielen jungen Menschen vorgegaukelt, dass man einen Star aus der Retorte machen kann. Berühmt zu werden bedeutet, einen langen Weg zu gehen mit vielen Stolpersteinen. Da gibt es Misserfolge und es gibt Zeiten, in denen dein Selbstwertgefühl am Boden liegt. Man muss sich ganz bewusst sein: Wer Schauspieler werden will, sollte niemals denken, dadurch werde ich bekannt und berühmt. Es gibt wunderbare und außergewöhnliche Schauspieler, die kennt niemand in der Öffentlichkeit. Schauspieler zu sein ist ein Prozess, der nie aufhört.

   

Biografie

  
Iris Berbens Weg als Schauspielerin ist von Erfolg gekrönt. Ganz anders sieht es
mit ihrer schulischen Laufbahn aus. Als Schülerin eckt sie an, gilt als vorlaut
und muss die Schule vorzeitig verlassen. Der Mut, den Mund aufzumachen, kostet sie
letzten Endes das Abitur. Heute nutzt Iris Berben diese Eigenschaft vor allem
als Instrument gegen das Vergessen, gegen Antisemitismus und für Toleranz. Ende
der 90er Jahre liest sie gemeinsam mit ihrem Sohn an Schulen aus dem Buch „Mama,
was ist Auschwitz?“ Ein großer Erfolg werden 2002 ihre von Michael Verhoeven
inszenierten gegenüberstellenden Lesungen aus den Tagebüchern von Anne Frank und
Joseph Goebbels. Für ihr politisches Engagement erhält sie unter anderem das
Bundesverdienstkreuz Erster Klasse und wird vom Zentralrat der Juden Deutschlands
mit dem Leo-Baeck-Preis ausgezeichnet. 2013 erhält sie vom Jüdischen Museum Berlin
den Preis für Verständigung und Toleranz.