Trauer um Spitzenkoch Émile Jung

Einer der wichtigsten Köche Frankreichs prägte über viele Jahre die Europa-Park-Gastronomie

Thomas Mack: „Émile Jung war einer der ganz großen Köche in Frankreich und er war ein sehr guter Freund der Familie Mack und des Europa-Park. Wir alle trauern sehr um ihn. Er hat viele Jahre unsere Dinner-Shows und unsere Küche geprägt, bis zuletzt war er ein Ratgeber und väterlicher Freund.“ Thomas Mack hatte selbst im legendären „Au Crocodile“ in Straßburg bei Émile Jung gearbeitet. Das mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnete „Au Crocodile“ zählt zu den besten Restaurants Europas. Anfang 2020 ist Émile Jung im Alter von 78 Jahren gestorben. Vor mehr als 20 Jahren hatte Roland Mack den Kontakt zu dem international bekannten Spitzenkoch hergestellt. Schon nach wenigen Jahren ist daraus eine enge Freundschaft entstanden.

Wir trafen den Spitzenkoch vor einigen Jahren in Straßburg.  Émile Jung: „Meine Gerichte sind immer lesbar, der Gast erkennt sie, weiß, was er isst, und kann das genießen.“ Gelernt hatte der elsässische Gourmetkoch bei seinem Vater. 1941 geboren, ist Jung in einem Restaurantbetrieb aufgewachsen und hat schon als Jugendlicher seinem Vater und seinem Onkel in der Küche geholfen. „Das war mein kleines Universum und mein Vater hatte einen richtig guten Geschmack“, erinnerte er sich.

Émile Jung lernt in Lyon Paul Bocuse kennen und erfährt die reiche Vielfalt der Lyoneser Küche. Seine Ausbildung absolviert er in Paris. Zu seinen Vorbildern zählt Guillaut, der so kraftvolle Saucen schaffen konnte. Man müsse es lieben zu kochen, meint der Starkoch, es sei kein Beruf wie jeder andere, den man einfach so erledigen könne. „Jeden Tag aufs Neue musst Du in Dir die Leidenschaft für gutes Essen entfachen, um diese mit den Feinschmeckern zu teilen“, sagte Jung.

Was braucht man für eine Sterneküche? „Wichtig sind vor allem frische Produkte. Das richtige Produkt gibt den Ton vor und wir geben noch den Geist hinzu. Ich verwende am liebsten regionale Produkte. In Frankreich haben wir glücklicherweise ein gemäßigtes Klima und können das ganze Jahr über alles frisch beziehen“, erläuterte der leidenschaftliche Koch.

Nach einer Zeit in Paris geht Émile Jung ins Elsass und erhält als Besitzer des Restaurants „L’Hostellerie alsacienne“ in Masevaux seinen ersten Michelin-Stern. 1971 zieht er nach Straßburg, dort eröffnet er das Restaurant „Au Crocodile“, das sich unter seiner Leitung zum elsässischen Gourmettempel mit drei Sternen entwickelt.

Fast 20 Jahre kreiert Émile Jung mit den Meisterköchen des Europa-Park unter Leitung von Küchenchef Jürgen Steigerwald die aufwändigen Menüs für die Dinner-Shows. „Für die Dinner-Shows zu kochen, ist für mich eine tägliche berufliche Herausforderung. Nicht zuletzt auch deshalb, weil die Shows immer wieder neu und anders sind. Im Europa-Park, wo täglich so viele neue Inspirationen zum Leuchten gebracht werden, fällt es mir nicht schwer, neue, ausgefallene Ideen zu haben“, lachte der erfahrene Chefkoch. Jung: „Mich verbindet seit vielen Jahren eine enge Freundschaft mit der Familie Mack. Außerdem ist der 
Europa-Park schon allein durch seine geografische Lage ein wichtiges Schaufenster für das Elsass.“

Sterne-Koch liebte Hausmannskost

Wenn er nicht auf der Suche nach frischen Produkten war oder am Herd wieder einmal in gut drei Stunden ein aufregendes Menü zubereitete, dann las der Sternekoch gerne oder besuchte ein Museum. Jung schwärmte für Hausmannskost, so wie schon seine Mutter sie zubereitet hat.

Er selbst liebte die traditionelle französische Küche und aß sehr gerne eine typische Gänsestopfleber, die „foie gras“, als kalte oder warme Vorspeise, dann in knusprigem Teigmantel gebackene Taube mit Kalbsbries und zum Dessert ein Eisparfait mit Bergamotte-Geschmack. Verlangen und Sehnsucht seien wichtige Triebfedern in einer guten Küche. Sein Leitspruch: „Ich höre auf die Wünsche meiner Sinne, die meinem Gewissen sagen, was ich tun muss!“ Man dürfe, so Jung, keine Angst davor haben, sich zu verwöhnen. Viel lag dem Sternekoch daran, seine Gerichte immer weiter zu verfeinern und ihren Charakter zu betonen. Ein gutes Essen braucht einen Anteil Wucht, dreimal so viel Kraft und doppelt so viel Enthaltsamkeit.

„Man muss Begierde wecken und Gefühle geben“, wusste Jung und das vermittelte er auch dem Europa-Park-Team, das Abend für Abend bei den Dinner-Shows rund 400 Gäste mit einem exzellenten Menü verwöhnte, ausgedacht von Émile Jung.

Émile Jung wird für viele ein Vorbild bleiben, nicht nur für Köche, auch als großartiger, herzlicher Mensch. Die traditionelle Zeremonie der Bekanntgabe der französischen Michelin-Sterne im Pariser Pavillon Gabriel einen Tag nach dem Tod des legendären Kochs begann dann auch mit einem bewegenden Gedenken der französischen Kochelite. Sie feierten und gedachten Émile Jung mit stehenden Ovationen.    

Von Horst Koppelstätter