Badens starke Weinfrauen

Die Baden-Badener Weinexpertin Natalie Lumpp stellt zwei der besten Winzerinnen Deutschlands vor / Frauenpower vom Kaiserstuhl

Bis vor wenigen Jahren stellte man sich unter einem Winzer einen wettergegerbten Landwirt mit verkrusteten Gummistiefeln vor. Doch in den letzten Jahren gab es einen wirklich großen Wandel. Mit überzeugtem Selbstverständnis erlernen junge Frauen heute den Beruf des Winzers. In der Kaderschmiede Geisenheim sind es heute 50 Prozent Frauen, die ihr „Diplom für Weinbau und Önologie“ machen. Zwei der besten Weinfrauen in der Republik möchte ich gerne an dieser Stelle vorstellen: Bettina Schumann, die 2015 ihr eigenes Weingut am Kaiserstuhl gründete, und Franziska Schätzle, die souverän in den Familienbetrieb eingestiegen ist.

Melanie Panitzke und Bettina Schumann

Bettina Schumann
in Königschaffhausen

Im Weingut von Bettina Schumann ist wirklich alles anders! Die 38-jährige gebürtige Berlinerin entdeckte schon ganz früh ihre Liebe zum Wein. Als sie mit ihren Eltern im Urlaub in Italien einen richtig alten Vin Santo verkostete, war der Grundstein gelegt. Ihr Taschengeld wurde mehr oder weniger in Wein investiert. Zu ihrem großen Glück kam der passende Weinhändler, der ihr half, ihren Weg zu ebnen. Während und nach ihrem Weinbau- und Önologie-Studium in Geisenheim sammelte sie praktische Erfahrungen bei den besten Winzern im In- und Ausland, wie bei Georg Breuer in Rüdesheim, Willi
Bründlmayer im Kamptal und Pierpaolo Pecorari im Friaul. Den Kaiserstuhl hat sie dann zu ihrer Wahlheimat erkoren, als sie 2009 als Betriebsleiterin im Weingut Zimmerlin loslegte.

Start-up in Rosarot

Schon 2014 fing Bettina Schumann an, ihre eigenen Weine zu kreieren. Ein Jahr später wusste sie, dass es ihr Weg ist – aus dem Nichts gründete sie ihr eigenes Weingut. Es gibt weltweit nur wenige Frauen, die aus dem Stand ein eigenes Weingut gegründet haben! Für Deutschland noch etwas ungewöhnlich ist, dass Bettina alle Trauben zukauft. Sie arbeitet sehr intensiv mit sechs Winzern zusammen. In anderen Ländern, wie Spanien, ist es gang und gäbe. Dabei ist es naheliegend – wie soll man sonst aus dem Stand an sieben Hektar Rebflächen kommen?In der Weinwelt ist Bettina Schumann legendär für ihre roten Schuhe! Da lag es nicht fern, auch auf den Weinetiketten einen roten Schuh als Erkennungszeichen zu integrieren – sie stehen für die Basisweine. Darüber hinaus gibt es eine „Goldschuhlinie“. Von weitem sieht man sofort, dass es ein Wein von Bettina Schumann ist. Noch imposanter sind allerdings die Namen der Weine, so zum Beispiel „Famose Schose“, „Bis in die Puppen“, „Haut Volaute“, „Chaiselongue“ und andere. Seit Frühsommer 2018 wuppen sie das Weingut zu zweit – mit Melanie Panitzke.Die ehemalige Sommelière konnte schon viele Auszeichnungen entgegennehmen, wie „Gerolsteiner Weinpersönlichkeit“ oder „Sommelier des Jahres“ beim Deutschen Weininstitut (DWI). Im Weingut kümmert sie sich vor allem um den Vertrieb. Gemeinsam entwickeln die tollen Mädels ihre Kreationen – und tüfteln an immer noch ausgefeilteren Weinen. Selbst am Kaiserstuhl hat nicht jeder Weintrinker solche Weine präsent. Rund 60 Prozent ihrer Produktion geht in die Gastronomie – auf nationaler Ebene. Der Rest geht an Weinhändler – und wer sich vorher anmeldet, kann die Weine auch vor Ort erwerben.

Franziska Schätzle errang als erste Dame den Titel "Jungwinzer des Jahres".

Weingut Schätzle
in Schelingen

Wenn es um die besten Burgunderweine in Deutschland geht, kommt mir sofort das Weingut Schätzle mit der so unglaublich patenten Franziska Schätzle in den Sinn. Die 35-jährige Winzerin studierte ebenfalls von 2004 bis 2008 Önologie an der Weinbaufachschule Geisenheim. Während dieser Zeit sammelte sie praktische Erfahrungen im Burgund, in Spanien und Neuseeland. Vor allem das Burgund hat sie in der Stilistik ihrer Weine sehr geprägt. Immer wieder werden ihre Weine als sogenannte „Piraten“ in Weinproben aus dem Burgund vorgestellt – mit dem Ergebnis, dass sie hervorragend mithalten können!

Nach ihren internationalen Reisen errang sie als erste Dame den Titel „Jungwinzer des Jahres“. Und wirklich jeder gönnte ihr den Titel von ganzem Herzen. Franziska Schätzle hat ein unglaubliches Weinwissen, arbeitet absolut akribisch und hat eine Ausstrahlung und innere Ruhe, als ob sie schon 50 Jahre nichts anderes tun würde. Bevor sie ins elterliche Weingut einstieg, war sie beim Verband der Deutschen Prädikatsweingüter tätig. Noch heute sieht sie diese Zeit als wertvolle Erfahrung, und es bildet auch ein sehr wichtiges Netzwerk.

Familienstärke

Mittlerweile hat sich am Kaiserstuhl alles perfekt eingespielt. Hand in Hand geben Franziska und ihr Vater Thomas ein unschlagbares Team ab. Wobei natürlich auch die gesamte Familie – auch die ältere Generation – noch voll im Einsatz ist. Witzigerweise arbeitet Franziskas Mann auch in der Branche. Allerdings ist er in einem anderen renommierten Betrieb tätig. Franziska: „Drei Häuptlinge wären zu viel für einen 15 Hektar großen Betrieb.
“Ich kann nur empfehlen, probieren Sie unbedingt ihre Burgunderweine. In den letzten Jahren konzentrieren sie sich fast ausschließlich auf die Burgundersorten, die am Kaiserstuhl die idealen Bedingungen vorfinden. Die Weine sind, wie auch beim Verband der Deutschen Prädikatsweingüter, in die folgenden Kategorien unterteilt: Gutswein: für jeden Tag. Ortswein: leicht und verspielt, aber dennoch vielschichtig und lang Schatz vom Vulkan: langlebige Weine mit enormer Tiefe. Kirchberg RS (Reserve Schätzle): Laut Franziska schon für den Level 5-Trinker. Die Bezeichnung Level 5-Trinker ist ein „Gag“… alle Schätzle-Weine präsentieren sich enorm geschliffen, mit einer sauberen und klaren Stilistik, aber mit Burgunderschmelz, vielschichtig, sie besitzen Tiefe und bleiben lange im Nachhall.
Schon der Chardonnay-Ortswein ist so fein und geschliffen sowie untermalt mit einer Fruchtigkeit, an Birnen, Litschi und Orangen erinnernd. Kraftvoller und extrem lang im Nachhall sind ihre Grauburgunder und Spätburgunder „Schatz vom Vulkan“. Letzterer wird mit einer krossen Ente aus dem Ofen zu einem unvergesslichen Erlebnis!

von Natalie Lumpp

Natalie Lumpp

Prägt die deutsche Weinbranche:
Natalie Lumpp

Die Autorin Natalie Lumpp gilt als eine der wichtigsten Weinexpertinnen im deutschsprachigen Raum. Die quirlige Baden-Württembergerin ist aus der deutschen Weinbranche nicht mehr weg zu denken. Als Sommelière arbeitete sie in renommierten Spitzenbetrieben, von der Traube Tonbach und dem Hotel Bareiss in Baiersbronn bis hin zum Schlosshotel Bühlerhöhe. Ob Placido Domingo, Nelson Mandela oder auch Boris Becker – viele internationale Stars waren irgendwann Gäste bei Natalie Lumpp und haben sich von ihr edle Tropfen kredenzen lassen. Heute ist Natalie Lumpp als freiberufliche Weinberaterin tätig.
Ein Geheimnis ihres Erfolges: selbst auch genießen können, denn: „Menschen, die nicht genießen können, sind ungenießbar“, betont sie immer wieder. Die Liebe zum Wein und der Genuss führen dazu, dass ihre Expertisen Laien und Kenner in den Bann ziehen.

Badischer Weinradweg

Mit dem Fahrrad durch die sonnigste Region Deutschlands touren, durch Weinberge, malerische Winzerorte, mit Weinverkostungen direkt vor Ort – das macht der neue „Badische Weinradweg“ möglich. Er führt rund 460 Kilometer weit von der Schweizer Grenze bis nach Laudenbach am Übergang zum Weinbaugebiet Hessische Bergstraße. Die landschaftlich abwechslungsreiche Route führt durch die fünf Weinregionen Markgräflerland, Kaiserstuhl, Tuniberg, Breisgau und Ortenau am Westrand des Schwarzwaldes und weiter durch den Kraichgau und den Weinbaubereich Badische Bergstraße. Am Weg liegen mehr als 300 Weinbaubetriebe, Winzergenossenschaften und Vinotheken.

Umgesetzt wird der Weinradweg unter Federführung der Schwarzwald Tourismus GmbH und den elf beteiligten Land- und Stadtkreisen.

Mehr Infos bei Schwarzwald Tourismus
www.badischer-weinradweg.info und www.rad-schwarzwald.info