Tränen wegen der Piraten

Weshalb ein junger Europa-Park-Enthusiast die neuen „Piraten in Batavia“ eröffnete und wie er den Lockdown erlebt

Lockdown – auch der Europa-Park und die Wasser-Erlebniswelt Rulantica stehen für Monate still. Zu den vielen Fans, die die Wiedereröffnung sehnsüchtig herherbeisehnen, gehört der 13-jährige Gymnasiast Fabian Schütz. Als „extrem schwer“ beschreibt er diese Zeit. Normalerweise kommt er mit Mutter Sabrina und Vater Klaus sowie seiner sieben Jahre älteren Schwester Luna-Valentina alle vier, fünf Wochen nach Rust. Stets für mehrere Tage. Dabei wohnt die Familie nicht gerade ums Eck, sondern in Neumarkt in der Oberpfalz nahe Nürnberg – und damit fast 400 Kilometer weit weg vom geliebten Freizeitpark in Südbaden. Fabian steht dann immer schon 20 Minuten vor Park-Öffnung am Eingang, um ja den ganzen Tag voll auskosten zu können. An Pfingsten 2012 hat Mutter Sabrina ihrem Klaus im Park sogar einen Heiratsantrag gemacht – während einer Show, die eigens dafür unterbrochen wurde. „Meine Eltern sind seit 15 Jahren Park-Fans“, sagt Fabian. „Ich war schon im Bauch meiner Mama im Park, er ist der schönste der Welt, es wird auf jedes Detail geachtet, auch bei der Kleidung und dem Essen oder den Blumenbeeten aus Europa-Park-Sternen. Alles passt zueinander.“

Foto von früher: Die Familie Schütz im Europa-Park.

Eis für Park-Mitarbeiter spendiert
Wie tief die Verbindung von Fabian und seiner Familie zum Europa-Park geht, hat sich schon einmal in einer schwierigen Zeit gezeigt. „Oh nein! Ausgerechnet die Piraten“ – so haderten viele Park-Freunde, als beim Großbrand 2018 auch die Attraktion „Piraten in Batavia“ ein Raub der Flammen geworden war. Eine Online-Petition für den Wiederaufbau der 1987 eröffneten Themenfahrt wurde von 9.767 Menschen unterschrieben. Ganz besonders erschüttert aber war Fabian Schütz, zum Zeitpunkt des Brands erst zehn. „Batavia war meine erste richtige Attraktion“, sagt er. Immer gleich am Anfang eines Park-Tages ist er sie gefahren, „um reinzukommen, wie bei einem Willkommen, weil sie so schön gestaltet war“. Vom Brand erfährt er erst am Tag danach, beim Frühstück in einem Hotel. Die Familie war auf einer Hochzeit im Bayerischen Wald, wo es kein Netz gab. Als immer mehr Nachrichten von der Katastrophe reintrudeln, fließen bei Fabian die Tränen. Er grübelt, er will etwas tun, er muss etwas machen. Also schreibt er einen Brief an Roland Mack – und steckt 50 Euro von seinem Taschengeld dazu.

„Ich wusste, dass der Roland Mack das Geld von der Versicherung für den Wiederaufbau bekommt, aber ich wollte den Mitarbeitern der Bahn etwas Gutes tun und ihnen ein Eis spendieren.“ Fünf Euro bekommt er im Monat als Taschengeld, eigentlich hatte er das Geld schon für etwas anderes fest eingeplant – „doch der Park und die Mitarbeiter waren mir in dem Moment einfach viel wichtiger.“

„Fabian rettet die Piraten“
Zwei Wochen später sind Fabian und seine Mutter im Auto unterwegs, das Telefon klingelt, über die Freisprechanlage hören sie: „Guten Tag, hier ist Roland Mack!“ Der Europa-Park-Chef möchte sich bedanken. Wieder kommen bei Fabian die Tränen – diesmal aus Freude. Roland Mack hat die Geste des jungen Park-Enthusiasten aus Bayern so gerührt, dass er sich etwas ganz Besonderes ausdenkt. Zwei Jahre nach dem Brand sind die Piraten zurück im Park – wiederaufgebaut und in neuem, modernisiertem Glanz. Zur Wiedereröffnung holt ein Park-Shuttle Fabian vom Hotel „Krønasår“ ab, wo die Familie Schütz untergebracht ist.

Fabian ist bei der großen Pressekonferenz dabei. Er steht auf der Bühne neben der Familie Mack, alle Augen sind auf ihn gerichtet. Zusammen mit dem Schweizer Schlagerstar Paola Felix drückt er schließlich den Buzzer zum Neustart der Attraktion. „Fabian rettet die Piraten“, titelt eine Zeitung. Fotografen rufen immer wieder seinen Namen, weil sie Foto um Foto von ihm machen wollen. „Ich war irgendwie fast abwesend“, ist der Piraten-Retter noch immer hin und weg. „Es war wie in einem Traum, nur, dass ich aufgeweckt wurde. Das ist eine Erinnerung, die immer bei mir bleibt.“

Klares Berufsziel
Selbst während der Zeit des Lockdowns gibt es für Fabian so gut wie keinen Tag ohne den Europa-Park. Er widmet sich zuhause gerne Videospielen vom Park wie „Das geheimnisvolle Labyrinth von Schloss Balthasar“ oder vertieft sich in die Fantasy-Romane der Rulantica-Saga. Unter Freunden, Bekannten, Nachbarn und Mitschülern rührt er sogar beständig die Werbetrommel für seinen Lieblingspark. „Zum Beispiel mein Instagram-Account dreht sich nur um den Europa-Park“, beschreibt Fabian. „Da stelle ich auch eigene Videos über den Park rein.“

Das Schönste wird aber immer ein richtiger Besuch in Rust bleiben. Die „Piraten in Batavia“ liebt der Junge aus der Oberpfalz auch in der erneuerten Version, doch bei seinen absoluten Lieblingsbahnen geht es inzwischen rasanter zu. „Ich kann mich nicht entscheiden, was besser ist: Wenn man mit dem „Blue Fire“ durch die Loopings fliegt oder wenn Wodan einen durch die Gegend schleudert.“ Was wohl sein Traumberuf ist? „Programmieren oder Videos machen bei MackMedia oder bei MackNeXT.“ Er hoffe, sagt Fabian, der Park bleibt noch sehr lange so, wie er ist.

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