Teufelskiste oder Geisterauto?

Die Spuren eines Weihnachtsgeschenkes für Roland Mack von Waldkirch nach Paris und zurück nach Rust

Was ist das nur für eine kuriose Geschichte, die rund um die Waldkircher Kastelburg mit Hexen, Werwölfen und Geistern beginnt und am Ende bis nach Paris führt? Im Mittelpunkt steht ein kleines Auto, das sich in hellen Vollmondnächten angeblich selbstständig auf Tour begab. „Höllenschüssel“, „Teufelskiste“ oder „Geisterauto“ wurde es genannt, emotional pur ging der Legende auf den Grund und hat mit den wichtigsten Augenzeugen gesprochen.

Im Mittelpunkt steht Roland Mack, dem das Auto einst gehörte. Was weiß er noch dazu?

Roland Mack: „Das Auto ist benzinbetrieben. Das war für kleine Rennbahnen auf Volksfesten und Jahrmärkten gedacht, ein Vorläufer der Gokartbahn und wurde von Schausteller Karl Bornhäuser entwickelt, mit dessen Familie unsere Familie eng befreundet war. Das Auto lief auf einer Bahn mit einer Bande geschützt. Und es war eine unglaubliche Erfindung damals. Diese Autos hat „Onkel“ Karl Bornhäuser (wie ich ihn nannte) im und nach dem Krieg selbst in Waldkirch gebaut.

Mit der Bahn hatte er Riesenerfolge nach dem Krieg. Autofahren mit einem Benzinfahrzeug, das war unglaublich gefragt bei Jugendlichen. Das war wirklich der Renner. Später wurden Gokartbahnen daraus. Die waren noch robuster und schneller. Mehr auf Racing getrimmt, aber auf der gleichen Bahn.

Die alten Benzinautos mussten ausgetauscht werden. Eines der Autos hat mir Onkel Karl 1956 zu Weihnachten geschenkt. Da war ich sieben. Die Bornhäusers hatten keine Kinder und so habe ich viele Geschenke bekommen. Mit dem Auto bin ich dann bei uns auf dem Werksgelände herumgefahren. Wir hatten ja viel Fläche. Das hat unglaublich Spaß gemacht. 1958 sind wir mit der Firma umgezogen, da wurde das Fahrzeug eingelagert in der alten Fabrik unterhalb der Kastelburg und ist wohl in Vergessenheit geraten.“

Ein besonderes Geschenk der Kinder Thomas, Ann-Kathrin und Michael an ihren Vater zum 70. Geburtstag.

Später lässt sich rekonstruieren: Dort hat sich jemand das Auto unter den Nagel gerissen und wohl an ein Museum in Paris verkauft. Da war es ausgestellt. Doch in Waldkirch und Rust ahnte keiner etwas von der Reise des einst so geliebten Benzinautos nach Paris. Roland Mack hatte dem Gefährt viel zu verdanken. Sein Interesse für Maschinenbau verband sich in ihm symbolisch mit der Leidenschaft für rasante Fahrten, was sich schließlich später in der Konstruktion von unzähligen aufregenden Achterbahnen niederschlug.

Und wie kommt das Auto wieder zurück nach Rust? Michael Mack: „Vor ein paar Jahren tagte der europäische Freizeitparkverband in Paris. Am Abend gab es einen Empfang im Musée des Arts Forains, das sich wunderschön mit dem Kulturgut von Volksfesten und Schaustellern beschäftigt. Da habe ich das Auto entdeckt. Ich sah das Kennzeichen EM 07 und habe mich erinnert an ein altes Foto, auf dem mein Vater in dem Auto sitzt. Ich habe sofort gewusst: Das ist unser Auto.“

Es folgten jahrelange komplizierte Verhandlungen mit dem Eigentümer, der angab, das gestohlene Auto rechtmäßig auf einer Auktion erworben zu haben. Er wollte es nicht verkaufen. Es schien aussichtslos. Michael Mack: „Erst, als wir den Weltverband IAAPA eingeschaltet hatten, stimmte der Eigentümer dem Verkauf zu. Ich hatte die Idee, dass dies das perfekte Geburtstagsgeschenk von uns Kindern zum 70sten Geburtstag meines Papas sein wird. Er hat sich riesig darüber gefreut. „Volltreffer“, sagte er. Heute steht das legendäre Auto im Hotel „Krønasår“ im Restaurant „Tre Kronen“ und kann von allen Gästen im Original bestaunt werden.

Am Ende hat Michael Mack übrigens aus der kuriosen Autogeschichte noch eine kleine Sage entwickeln lassen für den Adventure Club of Europe (ACE), einen fiktiven Club des Europa-Park, in den viele Legenden, beispielweise um die sagenumwobene Insel Rulantica, eingebunden sind.

Hier ein Auszug aus der ACE -Story. Eine wahre Geschichte verwandelt sich in ein sagenumwobenes Märchen:

Die Glasscherben des zerbrochenen Schaufensters glitzern im Mondlicht. Aufgebracht kommt Familie Börschig aus ihrer Metzgerei auf die Straße gelaufen.„Es hat wieder zugeschlagen“, flüstert eine Nachbarin, die den Kopf aus dem Fenster streckt. „Es ist wieder da.“ In der Ferne heult ein Motor auf, die Kinder verstecken sich hinter ihrem Vater. Dann wird es still. Es trug viele Namen, seit es Ende der 1950er Jahre in Waldkirch und Umgebung sein Unwesen trieb. „Höllenschüssel“, „Teufelskiste“ oder „Geisterauto“ wurde es genannt. Doch was verbirgt sich hinter diesen sagenhaften Bezeichnungen? Um zu verstehen, was es mit einem der größten Mythen der jüngeren Schwarzwaldgeschichte auf sich hat, müssen wir ein wenig in der Zeit zurück reisen. Zum achten Geburtstag am 12. Oktober 1957 bekam das heutige ACE Ehrenmitglied Roland Mack ein ganz besonderes Geschenk: ein kleines Benzinauto. Was dann geschah, darüber scheiden sich die Geister. (Im Foto: Sagenumwoben: Die Kastelburg in Waldkirch aus dem 13. Jahrhundert.)

Aus unterschiedlichen Varianten der Sage, die über die Jahrzehnte von Bewohnern Waldkirchs verbreitet wurden, hat Sagenforscher Fritz Erchinger im Auftrag des Adventure Club of Europe (ACE ) in aufwändiger Arbeit den wahrscheinlichsten Ablauf der Geschehnisse rekonstruiert: Eines Nachts, die Familie Mack schlief tief und fest, wurde der junge Roland von einem Motorengeräusch geweckt. Ungewöhnlich für die Gegend Ende der 50er Jahre. Er ging ans Fenster und sah mit aufgerissenen Augen, wie das Benzinauto aus dem Gartenschuppen schoss und in der Dunkelheit verschwand. An einen Diebstahl glaubend, erkundete Roland mit einer Taschenlampe die Umgebung, doch fand sein Auto nicht mehr. Enttäuscht und erschöpft legte er sich wieder schlafen, nur um das Auto am nächsten Morgen wieder im Gartenschuppen vorzufinden. Was war geschehen? Hatte es jemand heimlich entführt? Oder hatte er womöglich alles nur geträumt?

Roland Mack als 8-jähriger.

In der folgenden Zeit mehrten sich die Gruselgeschichten über ein angebliches Auto, das des Nachts Waldkirch unsicher mache. Die am weitesten verbreitete Bezeichnung „Geisterauto“ ließ sich vor allem auf Berichte von Augenzeugen zurückführen, die felsenfest behaupteten, das Auto sei völlig führerlos durch die Straßen gefahren. „Meine Oma sagte, es sei wie ein Werwolf gewesen“, schrieb einst der aus der Gegend stammende Autor Willi Thoma über das Phänomen. „Es kam nur raus im Mondschein. Es hatte seinen eigenen Willen. Als ich einmal nicht schlafen konnte, habe ich es vor unserem Haus gesehen. Und ich schwöre, es fuhr komplett allein.“
Wieder andere machten laut Sagenforscher Erchinger die Hexe Gfällrote für den Spuk verantwortlich, die einer Sage nach im Schwarzwald rund um den Kandel ihr Unwesen trieb. Nachdem er Nacht für Nacht beobachtet hatte, wie sich sein Auto ohne Fahrer selbstständig machte, stieß der junge Roland in einer alten Familienbiographie auf ähnliche Erlebnisse, von denen Paul Mack um das Jahr 1800 herum berichtet hatte. Der Gründer der Firma, die sich heute „Mack Rides“ nennt, beobachtete damals, wie sich ein von ihm in der Freizeit gebautes mechanisches Karussell nachts wie von selbst drehte.

Nach langer Recherche fand Roland Mack schließlich heraus, dass sein Vater Franz zur Restauration des Benzinautos alte Bauteile der Familienfirma verwendet hatte. Darunter eine Spule, die einer Legende nach aus dem ersten Karussell der Familie stammen sollte. Roland Mack begann am Auto herumzutüfteln, was, wie er später beschrieb, erstmals seine Leidenschaft für Maschinenbau und Ingenieurwesen weckte. Doch bevor er die Spule fand, wurde es dunkel. Mit dem jungen Roland auf dem Fahrersitz erwachte das Auto wie von Geisterhand zum Leben und bretterte durch Waldkirch. Es nahm Kurs auf das Bäckereischaufenster und ein Aufprall schien unausweichlich. Doch im letzten Moment schaffte es der achtjährige Roland, das Fahrzeug zu bändigen. Er entfernte die Spule und erlangte somit die Kontrolle über das Auto zurück. Von einem Tag auf den anderen endete so der Spuk um das Geisterauto von Waldkirch, das bis heute unvergessen ist …