Leidenschaft in der Sache

Gespräch mit dem hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier über Familie, Familienunternehmen, den Erfolg des Europa-Park und die Chancen von jungen Nachwuchspolitikern

Sie gelten als Familienmensch, was bedeutet Familie für Sie persönlich?
Volker Bouffier: Familie ist für mich der Mittelpunkt meines Lebens. Ich habe das Glück, in einer Großfamilie mit drei Kindern, zwei Enkeln, Omas, Geschwistern und Schwägern leben zu dürfen. Dort bin ich nicht der Ministerpräsident, sondern der Volker. Meine Familie trägt mich und manchmal erträgt sie mich sicherlich auch.

Wie haben Sie das Thema Familie im Europa-Park erlebt? Sie waren ja auch schon früher mit Ihren Kindern im Park.
Bouffier: Es ist etliche Jahre her, dass wir mit den Kindern im Europa-Park zu Gast waren. Als ich jetzt wieder da war, fühlte ich mich sofort wieder heimisch und die besondere Atmosphäre des Parks stellte sich sofort ein. Gleichzeitig habe ich gestaunt über die vielen neuen Attraktionen und Entwicklungen, insbesondere auch des neuen Wasserparks.

Ein anderer Aspekt zum Stichwort Familien: Familienunternehmen wie der Europa-Park stützen die deutsche Wirtschaft, was sind aus Ihrer Beobachtung der Geist und die Werte, die Familienunternehmen so erfolgreich machen?
Bouffier: Familienunternehmen haben Deutschland nach dem Krieg zu einer der erfolgreichsten Nationen gemacht. Das liegt und lag unter anderem daran, dass Familienunternehmen nicht in erster Linie auf die täglichen Börsenkurse schauen, sondern etwas Bleibendes auch für die nächste Generation schaffen wollen. Hinzu kommt die besondere Verbundenheit der Familienunternehmen zu ihrem Betrieb, ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, aber auch ihren Kunden. Die persönliche Verantwortung des Familienunternehmers
ist die DNA dieser Unternehmen. Bewahrung der Tradition und Kreativität und Tatkraft zur Bewältigung der Zukunft, das macht Familienunternehmen besonders aus.

Was zeichnet aus Ihrer Sicht einen erfolgreichen Unternehmer aus?
Bouffier: Mut, Tatkraft, Durchhaltevermögen, Kreativität und nachhaltige Profitabilität. Corona hat das ohnehin krisengeschüttelte Europa vor weitere große Herausforderungen gestellt.

Wie schaffen wir es, ein starkes Deutschland und ein starkes Europa in Einklang zu bringen?
Bouffier: Ich bin überzeugt, dass wir es auch zukünftig schaffen werden, ein starkes Deutschland in einem starken Europa zu haben. Deutschland und Europa sind aufs engste verflochten. Deutsche und europäische Interessen sind in vielerlei Hinsicht identisch. Wir werden unsere Arbeitsplätze und unseren Wohlstand nur erhalten können, wenn wir weiter Spitzentechnologie für die ganze Welt anbieten können und unsere Leistungen und Produkte von der Qualität und im Preis wettbewerbsfähig sind. Das bedeutet zum Beispiel ganz konkret, dass wir es schaffen müssen, Klimaschutz und Erhalt des Wohlstandes zusammen zu denken und umzusetzen. Nur wenn beides gleichzeitig gelingt, können wir Deutschland und Europa in einer globalisierten Welt an der Spitze halten.

Volker Bouffier mit Königin Silvia von Schweden.

Wie lassen sich auch junge Menschen gewinnen, um sich für die Strahlkraft und Faszination Europas zu engagieren?
Bouffier: Europa muss man erleben. Deshalb ist es gut, wenn junge Menschen schon als Schüler die Chance erhalten, entweder in einem Austausch oder auch im Urlaub andere Länder in Europa kennen und schätzen zu lernen. Das gilt besonders dann auch, wenn man die Chance hat, in einem der europäischen Länder zum Beispiel zu studieren oder zu arbeiten. Entscheidend ist für mich, gerade jungen Menschen klar zu machen, dass ihre eigene Zukunft nur in einem vereinten Europa im Wettbewerb mit den Vereinigten Staaten, China und anderen Ländern erfolgreich gelingen kann. Deutschland alleine ist wie jedes andere europäische Land nicht mehr in der Lage, diesen Wettbewerb erfolgreich zu gestalten. Außerdem muss man auch einmal darauf hinweisen, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, in Frieden und Freiheit zu leben.

Über Jahrhunderte war Europa ein Kontinent der Kriege. Praktisch jeder gegen jeden. Seit über 70 Jahren dürfen wir nun in Frieden und Freiheit leben. Dies darf man nicht als selbstverständlich sehen und gerade junge Menschen müssen sich bei aller Vielfalt Europas für das gemeinsame Europa einsetzen, damit wir nicht in die unseligen früheren Verhältnisse zurückfallen. Der Europa-Park lebt die europäische Idee jeden Tag auf spielerische und lockere Weise. Hier treffen sich unterschiedliche Kulturen und Mentalitäten.

Was kann das „große“ Europa davon lernen?
Bouffier: Spielerisch und locker Themen und Herausforderungen anzugehen, ist immer verlockend. In der Politik geht es aber häufig um sehr ernste Angelegenheiten und nicht selten um gegensätzliche Interessen. Diese in Form eines Kompromisses untereinander auszugleichen, ist die große Kunst. Die Regeln des Europa-Park können dabei sicherlich sehr gut Pate stehen. Vielfalt, bunte Welt, aber einheitliche Regeln überall dort, wo Einheitlichkeit erforderlich ist, damit das Ganze nicht gefährdet wird.

Begegnung im Europa-Park: Ehepaar Bouffier mit Roland Mack.

Was gefällt Ihnen persönlich im Europa-Park gut, Sie waren ja kürzlich zu Besuch?
Bouffier: Mir gefällt die Mischung aus technischer Faszination, Spannung, Vielfalt, Liebe zum Detail in vielerlei Hinsicht und alles eingebettet in eine gewisse „Leichtigkeit“. Dies macht einen Besuch im Europa-Park immer wieder zu einem besonderen Erlebnis.Erfolgreicher Politiker zu sein, ist ja alles andere als einfach.

Sie reden Klartext und haben dennoch oder gerade deshalb sehr hohe Beliebtheitswerte bei den Menschen. Wenn Sie einem jungen Nachwuchspolitiker einen Rat geben dürften, wie wäre der?
Bouffier: Jeder Nachwuchspolitiker muss seinen eigenen Weg gehen. Mein Rat wäre es, authentisch zu bleiben, nicht nach dem zu schielen, was ankommt, sondern dafür zu kämpfen, was man für richtig hält. Das alles in der gebotenen Mischung aus Leidenschaft in der Sache, Verantwortungsgefühl für das Ganze und immer mit dem nötigen Augenmaß, wie Max Weber dies schon vor hundert Jahren in seinem berühmten Aufsatz „Politik als Beruf“ sehr treffend formuliert hat.

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