Als Europäer gemeinsam auftreten

Früherer Bundespräsident Christian Wulff besucht Gedenkstätte „Hartmannsweilerkopf“ / Gespräch über die deutsch-französische Freundschaft und seine Besuche im Europa-Park

Christian Wulff hat sie alle getroffen, die Prominenten dieser Welt: Ob den Papst, Könige, Staatsoberhäupter, Oppositionsführer, Sportlegenden oder Musikstars. Christian Wulff, ehemaliger Bundespräsident und früherer niedersächsischer Ministerpräsident. Heute genießt er als Anwalt und Redner sein Privatleben. Mehrfach war Christian Wulff mit seiner Familie auch im Europa-Park zu Besuch. Heute vertritt Wulff als früherer Bundespräsident Deutschland mitunter bei ausländischen Staatsakten, wie im Jahr 2017 bei der Beisetzung des thailändischen Königs Bhumibol oder im Jahr 2019 bei der Vereidigung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Christian Wulff hat sich auch durch erstklassige und aufrüttelnde Reden einen Namen gemacht. Etwa zum Thema Muslime in Deutschland oder zum Demokratieabbau während der Eurokrise. Wulff ist auch Vorsitzender der Deutschlandstiftung Integration und Präsident des Deutschen Chorverbandes.

Zusammen mit Europa-Park-Chef Roland Mack hat der frühere Bundespräsident Christian Wulff am Rande eines privaten Besuchs im Europa-Park die Gedenkstätte „Hartmannsweilerkopf“ nahe Colmar besucht, wo im Ersten Weltkrieg tausende von deutschen und französischen Soldaten ums Leben kamen.

Das ehemalige Staatsoberhaupt und Roland Mack zeigten sich tief beeindruckt. Roland Mack: „Wir müssen gerade auch jungen Menschen immer wieder vor Augen führen, welch großes Geschenk Frieden ist. Das wollen wir als Unternehmerfamilie Mack unterstützen. Wir werden uns noch stärker für die deutsch-französischen Beziehungen engagieren. Wir werden die pädagogisch hervorragend gemachte Gedenkstätte am Hartmannsweilerkopf fördern. Möglichst viele junge Menschen sollen ein besseres Verständnis für die Situation vor und nach dem Ersten Weltkrieg erhalten, damit es nie wieder einen Krieg in dieser Art gibt.“

 

Geführt wurden Christian Wulff und Roland Mack vom Präsidenten des „Komitees für das Nationaldenkmal Hartmannsweilerkopf“, Jean Klinkert, und dem elsässischen Abgeordneten in der französischen Nationalversammlung, Raphael Schellenberger. Für Jean Klinkert ist es sehr wichtig, jungen Menschen die Schrecken des Ersten Weltkrieges näher zu bringen. Deshalb sind das Museum und die Gedenkstätte am Hartmannsweilerkopf entstanden, wo viele tausend deutsche und französische Soldaten bei erbitterten Kämpfen in den Jahre 1914 bis 1918 ihr Leben verloren. Klinkert: „Mahnmal und Museum werden insbesondere von Schülern und Studenten besucht – von Franzosen und von Deutschen. Es geht darum, die Geschichte des Hartmannsweilerkopfes nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Wir erfüllen einen gemeinsamen Bildungsauftrag.“

emotional pur sprach mit Alt-Bundespräsident Christian Wulff

Sie waren gemeinsam mit Europa-Park-Gründer Roland Mack bei der Gedenkstätte „Hartmannsweilerkopf“ im Elsass. Was hat der Besuch bei Ihnen ausgelöst?
Christian Wulff: Die Sinnlosigkeit von Kriegen als totales Versagen der Diplomatie und die Brutalität und Unmenschlichkeit dieser zermürbenden Schlachten im Ersten Weltkrieg machen sprachlos. Und dann fasziniert das Museum und der Gedenkort als gelungene eindringliche Warnung: Nie wieder! Nie wieder Nationalismus! Nie wieder Krieg! Unsere französischen Freunde haben in den vergangenen Jahren aus dem französischen Gedenk- und Trauerort einen europäischen Ort vor allem für Franzosen und Deutsche gemacht, wo auf französischem Boden auch die deutsche Flagge einträchtig weht. Das habe ich einfach als großartig erlebt.

Was können wir alle aus solchen sinnlosen Kriegshandlungen lernen?
Wulff: Einheit nach innen und Friedfertigkeit nach außen, wie es am Lübecker Holstentor steht, müssen alle praktizieren. Denn wir dürfen nie vergessen: Frieden muss immer wieder neu gestiftet werden. 20 Jahre nach dem Ersten Weltkrieg gab es damals schon wieder einen Weltkrieg. Dies darf sich nicht wiederholen. Heute ist die Europäische Union unser Glücksfall in der blutigen Geschichte unseres Kontinents.

Besteht die Gefahr, dass junge Menschen über solche geschichtlichen Ereignisse gar nicht mehr ausreichend informiert sind?
Wulff: Mein Vater, 1913 geboren, hatte den Untergang der Weimarer Demokratie und den menschenverachtenden Nationalsozialismus erlebt. Er hat mich gelehrt: Engagiere Dich für die Demokratie und die Freundschaft unterschiedlicher Nationen und Kulturen. Gibt nun meine Generation dies an unsere Kinder ausreichend weiter oder halten wir den Frieden für selbstverständlich? Das muss sich jeder fragen und ehrlich beantworten. Sonst könnte es ein böses Erwachen geben.

Wo stehen wir nach Ihrer Einschätzung bei der deutsch-französischen Freundschaft? Wie lässt sich die noch verbessern?
Wulff: Ich sehe das sehr positiv. Wir besuchen und schätzen uns gegenseitig. Wir wertschätzen unsere Unterschiede. Einzig Sorge macht mir, dass die klangvolle französische und die differenzierte deutsche Sprache so schwer fließend zu sprechen sind. Wir müssen diese beiden Sprachen als jeweils zweite Fremdsprache in unseren Ländern wieder stärken.

Warum ist ein starkes Europa ohne Alternativen?
Wulff: Europa war mal Subjekt der Weltpolitik, könnte nun zum Objekt verkümmern, da China, Afrika, Indonesien, überhaupt Asien, an Bedeutung gewinnen. Anders gesagt: Entweder wir treten als Europäer gemeinsam auf oder über uns wird immer häufiger hinweggegangen.

Sie haben mehrfach mit Ihrer Familie den Europa-Park besucht. Was kann der Europa-Park zur Verständigung junger Menschen aus verschiedenen Nationen beitragen?
Wulff: Die Namensgebung mit Europa damals war schon extrem mutig und zukunftszugewandt. Hier im Europa-Park erlebe ich ganz emotional Europa mit den vielen Gästen aus Deutschland, Frankreich, der Schweiz und nahezu allen anderen europäischen Ländern. Das ist gelebtes Europa pur. Ein Europa, in dem sich täglich Menschen, vor allem junge Menschen, aus verschiedenen Nationen spielerisch treffen. Dreisprachigkeit allerorten und den vielen europäischen Attraktionen von der Euro-Mir bis zum Voletarium.

Was gefällt Ihnen im Europa-Park besonders gut?
Wulff: Ganz klar: Dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stets Spaß an der oft harten Arbeit, Verantwortungsgefühl und Gastfreundschaft ausstrahlen, als Teil einer großen internationalen Familie, in der es auf jede und jeden ankommt.

Genießen Sie es, nun auch mal Zeit in Ruhe mit der Familie verbringen zu können?
Früher als Ministerpräsident und als Bundespräsident waren Sie ja komplett durchgetaktet ...

Wulff: Das ist ein unbeschreiblicher Kontrast. Endlich haben meine Kinder mich mal ungeteilt. Und ich kann mal die Seele baumeln lassen. Beispielsweise hier im historischen Schloss Balthasar aus dem 15. Jahrhundert mit wundervollen alten Bäumen und bei populärer symphonischer Musik.

von Horst Koppelstätter