Hightech-Mäntel gegen Korrosion

Rost schläft nie und verursacht gewaltige Schäden.

von Christoph Ertz

   

Die Lackindustrie liefert die Beschichtungssysteme, mit denen Stahlbauwerke erst zu modernen Monumenten werden können. Denn ohne funktionsfähigen Korrosionsschutz würden viele Bauten und Gegenstände sehr schnell ganz schön alt aussehen.

Stahl ist überall: Autos, Maschinen, Werkzeuge, Gebäude – überall steckt der Werkstoff drin, der im Unterschied zum Eisen so gut wie keinen Kohlenstoff enthält und somit einfacher verformbar ist. Bereits in der Antike um 1000 vor Christus war die Methode der Stahlerzeugung bekannt, doch die Herstellung war lange sehr schwierig und teuer. Erst als der britische Erfinder Henry Bessemer 1856 ein neues Verfahren erfand, flüssigen Stahl schnell und günstig aus geschmolzenem Roheisen zu erzeugen, war der Weg frei für die Stahl-Revolution. Produkte aus Stahl können äußerst langlebig sein, so wie die „Forth Bridge“ bei Edinburgh. Über die 1890 als vermutlich erste komplett aus Stahl gefertigte Eisenbahnbrücke rattern täglich noch immer rund 200 Züge. Auch die berühmteste Stahlkonstruktion, der 1889 eröffnete Pariser Eiffelturm, scheint mit ihrer stoischen Eleganz allen Widrigkeiten der Zeiten zu trotzen. In Deutschland erinnert etwa ein ganz besonders markantes Gewirr aus Stahl und Ziegelmauern – die 1873 eröffnete Völklinger Hütte – an die Blütezeit der Eisen- und Stahlindustrie.

Allerdings hat Stahl ebenso wie Eisen und andere Metalle wie Zink, Chrom, Aluminium oder Nickel einen Feind, der niemals von selbst Ruhe gibt: Rost. Jedes Metall rostet anders, aber grundsätzlich reagieren die Teile mit der Luft und dem Wasser und beginnen, sich zu zersetzen – die Schäden sind Jahr für Jahr gewaltig. Nach Schätzungen der World Corrosion Organization (WCO) kosten Korrosionsschäden die Weltwirtschaft jährlich mehr als zwei Billionen US-Dollar – rund drei Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts. Korrosion betrifft praktisch alle Bereiche der Infrastruktur, von Autobahnen, Brücken und Gebäuden bis zu Öl- und Gaspipelines, Chemieanlagen sowie Wasser - und Abwasserleitungen.

 In der modernen Architektur ist Stahl noch immer allgegenwärtig wie bei der „Bac de Roda“-Brücke in Barcelona – und damit auch der Korrosionsschutz.

Schätzungsweise 16 Tonnen Stahl werden täglich durch Korrosion vernichtet und müssen mit hohem Energieaufwand neu produziert werden. Allein 40 Prozent der Weltstahlproduktion dienen deshalb nur dazu, durch Korrosion zerstörte Teile zu ersetzen. Die WCO weist zudem darauf hin, dass nicht nur wirtschaftlicher Schaden entsteht: Korrosion verursacht Personenschäden, Schäden durch das Auslaufen umweltschädlicher Flüssigkeiten, Produktionsausfälle und Anlagenstillstände für kurzfristige Instandhaltungsmaßnahmen. „Viele Entscheidungsträger in Industrie und Regierung sind sich aber nicht im Klaren, welche Konsequenzen Korrosion hat und wie wichtig es ist, sie unter Kontrolle zu halten“, erklärt die WCO und weist darauf hin: „Erfahrene Korrosionsexperten stehen bereit und könnten die Auswirkungen der Korrosion mit innovativer und bewährter Technik eindämmen, wenn ihnen die entsprechenden Ressourcen zur Verfügung ständen.“

Schätzungsweise 16 Tonnen Stahl werden täglich durch Korrosion vernichtet und müssen mit hohem Energieaufwand neu produziert werden. Allein 40 Prozent der Weltstahlproduktion dienen deshalb nur dazu, durch Korrosion zerstörte Teile zu ersetzen. Die WCO weist zudem darauf hin, dass nicht nur wirtschaftlicher Schaden entsteht: Korrosion verursacht Personenschäden, Schäden durch das Auslaufen umweltschädlicher Flüssigkeiten, Produktionsausfälle und Anlagenstillstände für kurzfristige Instandhaltungsmaßnahmen. „Viele Entscheidungsträger in Industrie und Regierung sind sich aber nicht im Klaren, welche Konsequenzen Korrosion hat und wie wichtig es ist, sie unter Kontrolle zu halten“, erklärt die WCO und weist darauf hin: „Erfahrene Korrosionsexperten stehen bereit und könnten die Auswirkungen der Korrosion mit innovativer und bewährter Technik eindämmen, wenn ihnen die entsprechenden Ressourcen zur Verfügung ständen.“

Vielfältige Systeme
Solche Experten zur Verhinderung von Korrosion bietet die Lackindustrie. „Die Unternehmen der deutschen Lackindustrie leisten durch die Entwicklung zunehmend leistungsfähiger korrosionshemmender Beschichtungen schon seit Langem einen zentralen Beitrag zum Werterhalt“, stellt das Deutsche Lackinstitut in Frankfurt klar. Es gibt eine Vielzahl an Systemen, die ein differenziertes Vorgehen abgestimmt auf die jeweiligen Anforderungen wie Erstschutz oder Sanierung ermöglichen. Herkömmlicherweise besteht ein Beschichtungssystem etwa im Stahlbau aus einer Grundbeschichtung, einer Zwischenbeschichtung und einer Deckbeschichtung. Jede dieser Schichten hat im System eine bestimmte Funktion.

Die Grundbeschichtung stellt das Fundament zwischen der beschichtenden Oberfläche und zu der nachfolgenden Beschichtung dar. Aktiv korrosionshemmende Pigmente wie Zinkstaub und Zinkphosphat kommen hier zum Einsatz und tragen bereits wesentlich zum Korrosionsschutz bei. Die darauf folgende Zwischenbeschichtung erfüllt vor allem eine Barriere-Wirkung. Korrosionsschutzpigmente wie beispielsweise Eisenglimmer verzögern in dieser Barriere-Schicht erheblich, dass sich Korrosionsstimulatoren durch die Beschichtung ausbreiten können. Die Deckbeschichtung ist für die Wetterbeständigkeit des Systems verantwortlich und muss UV-Strahlung, Chemikalien, Abrieb und aggressiver Atmosphäre ausreichenden Wiederstand leisten. Zudem hat sie eine dekorative Funktion.

Je nach Korrosionsbelastung und gewünschter Schutzdauer des Objekts sind die Beschichtungen unterschiedlich dick – beziehungsweise dünn. Sie liegen zwischen 80 und 320 μm. Zum Vergleich: Ein menschliches Haar ist rund 80 μm dick. Im Innern beheizter Gebäude reicht eine solche extrem dünne Schicht in der Regel bereits, um einen Langzeitschutz von mehr als 15 Jahren zu erzielen. Bei Industrieanlagen oder im Küsten- und im Offshore Bereich hingegen, wo die Korrosionsbelastung am höchsten ist, ist für den langfristigen Schutz eine vier Mal so hohe Schichtdicke erforderlich. 

Neben dem Stahlbau hat die Lackindustrie vor allem für den Automobilbereich regelrechte Hightech-Beschichtungen entwickelt, die die Lebensdauer der Bauteile bereits enorm erhöht haben. Weitere bahnbrechende Entwicklungsschübe im Korrosionsschutz künden sich bereits durch die Nanotechnologie an. Abgeleitet von der Maßeinheit ein Nanometer („nannos“, Griechisch: „der Zwerg“), die einem Millionstel Millimeter entspricht, beschäftigt sich die Nanotechnologie mit der Erforschung und Konstruktion kleinster Partikel und Strukturen. So haben Forscher der Max-Planck- und der Fraunhofer-Gesellschaft einen selbstheilenden Korrosionsschutz entwickelt. Dabei werden Nanokapseln in den Lack eingebracht. Diese Nanokapseln setzen korrosionshemmende Stoffe frei und können auch entstandene Schäden wie Risse und Kratzer reparieren.

 Rost ist der natürliche Feind auch des Pariser Eiffelturms. Alle sieben Jahre wird das Wahrzeichen komplett neu gestrichen, aber seit 1968 immer in der gleichen charakteristischen Farbe.

„Kölner Brückengrün“
Beschichtungssysteme schützen aber nicht nur vor Korrosion, sie erlauben auch eine vielseitige farbliche Gestaltung. Manche Stahlbauten haben seit Jahrzehnten immer eine bestimmte, charakteristische Farbe. So ist die Forth Bridge in Schottland in einem leuchtenden, markanten Rot gestrichen. In Großbritannien gibt es sogar die Redewendung „like painting the Forth Bridge“, um eine niemals endende Aufgabe zu beschreiben. Denn erst seit ein paar Jahren ist die Brücke vollkommen fertig gestrichen. Vorher waren immer irgendwo Arbeiter am Pinseln, eine neue, länger haltbare Farbe soll nun mehr als 20 Jahre für Ruhe sorgen. Auch der Eiffelturm hat eine gleichbleibende charakteristische Farbe. Seit 1968 wird er stets in einem hellen Braun gestrichen.

Eine weitere Spezialfarbe mit einer langen Verbindung zu Bauwerken einer bestimmten Stadt findet sich in Köln. Dort werden vier von sieben Rheinbrücken – alle in der Unterhaltungslast der Stadt – seit Ende der 1920er Jahre in „Kölner Brückengrün“ gestrichen. Die charakteristische Farbgebung geht auf den damaligen Oberbürgermeister Konrad Adenauer zurück, der den grünlichen Farbton durchsetzte. Doch welche Farbe auch immer ein Bauwerk oder einen Gegenstand aus Stahl oder einem anderen Metall ziert: Ohne langlebigen und funktionsfähigen Korrosionsschutz würden viele Bauten bereits nach wenigen Jahren ganz schön alt aussehen.

Fotos: Picture alliance / iStockphoto