"Mit dem Exotenhaus in die Champions League"

Interview mit Zoodirektor Matthias Reinschmidt

von Horst Koppelstätter und Ariane Lindemann

   

Der Karlsruher Zoo ist 150 Jahre alt. Welche Bedeutung hat er für die Stadt, aber auch für die gesamte Technologieregion?
Matthias Reinschmidt: Der Zoo ist vor 150 Jahren aus einer kleinen Zucht von Geflügel entstanden. Das Tolle am Karlsruher Zoo ist, dass er wirklich zentral in der Stadt liegt. Das ist ein Alleinstellungsmerkmal für Karlsruhe. Damit ist er auch Naherholungsgebiet für die Bewohner rings um den Zoo und für die TechnologieRegion. Die Menschen kommen aus dem ganzen Umland, aus ganz Baden-Württemberg, dem Elsass und der Pfalz. Wir haben im Jahr über eine Million Besucher und ich bin angetreten, um das noch ein bisschen zu steigern. Denn ich sehe hier ein riesiges Potential.

   

Es gibt einen Masterplan für die Entwicklung des Karlsruher Zoos. Welches sind die markantesten Projekte der nächsten Jahre?
Auf welche Neuerungen dürfen sich die Besucher freuen?

Reinschmidt: Der Gemeinderat hat gerade dem neuen Leitbild des Zoologischen Stadtgartens zugestimmt. Das sind 43 Projekte mit einem Gesamtvolumen von etwa 52 Millionen Euro. Davon sind zehn Projekte dem Stadtgarten zugeordnet und 33 der zoologischen Einrichtung. In erster Linie wollen wir die Haltungsbedingungen für viele Tierarten weiter verbessern. Zunächst wird es für die Elefanten ein neues größeres Außengehege geben. Wir werden den Giraffen mehr Platz schaffen und dort eine Kombinationsanlage der afrikanischen Savanne errichten. Da werden dann auch die Antilopen und die anderen Rudeltiere zusammenleben können. Auch die Menschenaffen benötigen mehr Platz. Das sind drei Großprojekte, die uns auch der Gesetzgeber nach dem neuen Säugetiergutachten vorgibt. Als weitere große Vision haben wir eine Asienanlage, in der dann auf rund einem Hektar Menschenaffen und große Raubtiere wie Tiger und Orang-Utans in Karlsruhe gehalten werden können.

"Wenn wir keine Zoos mehr hätten, dann müssten wir sie erfinden".

Wie positioniert sich der Karlsruher Zoo gegenüber anderen Zoos in Deutschland und in Europa? Hat er Alleinstellungsmerkmale?
Reinschmidt: Der Zoologische Garten in Karlsruhe ist eigentlich ein Zoo, der bisher im unteren Ende der Bundesliga gespielt hat. Bis wir vor kurzem das Exotenhaus eröffnet haben. Allein durch das Exotenhaus – und das ist ein Alleinstellungsmerkmal für Deutschland, es ist das zweitgrößte in Deutschland überhaupt – haben wir 2.000 neue Tiere und 100 neue Arten in den Zoo bekommen. Damit sind wir innerhalb der Bundesliga der Zoos ein ganzes Stück nach oben gekommen. Mein Ziel ist natürlich die Champions League. Das dauert noch etwas, aber wir haben viele Ideen für die nächsten Jahre, um das Leben unser Tiere noch tiergerechter zu gestalten. Aber auch noch interessanter für die Besucher, das heißt, wir wollen Lebensräume direkt nachbilden, damit sich nicht nur das Tier wohler fühlt, sondern auch der Mensch einen Eindruck vom Lebensraum der Tiere erhält.

Woran erkennen Sie als Experte, dass sich die Tiere hier wohlfühlen?
Reinschmidt: Es gibt Kriterien, die uns zeigen, ob sich Tiere wohlfühlen. Das ist in erster Linie die Gesundheit. Gesunde Tiere, die keine Verhaltensauffälligkeiten und ein normales Fortpflanzungsverhalten zeigen, sind ganz wichtige Indikatoren für gute Bedingungen. Ich kann ganz klar sagen: Unseren Tieren geht es gut. Wir haben hier in Karlsruhe eine sehr fortschrittliche Tierhaltung. Verbesserungspotenzial gibt es immer.

   

Manche Kritiker sind der Meinung, Zoos seien eigentlich nicht mehr zeitgemäß ...
Reinschmidt: Wenn wir keine Zoos mehr hätten, dann müssten wir sie erfinden, denn Zoos sind dringender notwendig denn je. Sie sind in erster Linie wichtig, um die Menschen aufzuklären, sie an Tiere heranzubringen, aber auch, um zu zeigen, wie unerlässlich es ist, Tiere in ihren Lebensräumen zu erhalten. Vor 50 oder 100 Jahren war der Zoo einfach nur eine Menagerie, die Tiere gesammelt hat, um sie den Menschen zur Belustigung vorzustellen. Heute sind Artenschutz und Zoopädagogik die beiden beherrschenden Themen. Wir müssen der jungen Generation die Natur und die Umwelt nahebringen. Wenn wir die Kinder heute nicht prägen, werden sie später auch keine Naturschützer werden. Deshalb hat heute der Zoo eine ganz wichtige Aufgabe, nicht nur in der Wissensvermittlung, sondern auch in der Erhaltung von Arten. Viele Tierarten konnten überhaupt nur in zoologischen Einrichtungen erhalten werden.
   
Sie haben schon unzählige Fernsehsendungen moderiert. Der Karlsruher Zoo hat damit einen Medienprofi  an der Spitze.
Wie wollen Sie den Zoo noch wirkungsvoller vermarkten?

Reinschmidt: Wir haben eine wunderschöne Anlage. Die gilt es einfach noch bekannter zu machen. Was wäre dafür besser geeignet als die Kooperation mit den Medien? Wir haben bereits Filme für Vox oder den SWR produziert und werden das sicher noch steigern. Eine bessere Werbung als über ein Millionenpublikum können wir gar nicht haben.
   
Geben Sie uns einen Tipp, was man beim Besuch im Karlsruher Zoo auf keinen Fall verpassen darf?
Reinschmidt: Auf gar keinen Fall darf man das neue Exotenhaus verpassen! Damit haben wir ein Kleinod geschaffen, das seinesgleichen sucht. Es ist ein Zoo im Zoo. Wir sind nach Leipzig das zweitgrößte Tropenhaus in Deutschland - das ist wirklich eine Sensation! Die Besucher sind zu allen Jahreszeiten begeistert. Ob im Winter oder an einem Regentag im Sommer.
Quelle: YouTube