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Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord

Es ist Natur pur, die den Wanderer beim Gang über den Engelsberg einnimmt. Kaum sind die ersten Schritte auf dem weichen Pfad gemacht und ist die Hauptstraße in Bühlertal zurückgelassen, schlägt die Natur mit voller Wucht zu: Summende Bienen und pfeifende Vögel singen mit aller Kraft gegen die Alltagssorgen an. Blumenduft und der Geruch von frisch gemähtem Heu verdrängen den Stress. Der Engelsberg ist der Hausberg von Bühlertal und verdankt seinen Namen einem Felsen, der an die Gestalt eines Engels erinnert. Passend dazu führt der Steig den Wanderer in die Höhe. Auf den knapp zwei Kilometern gibt es unglaublich Vieles zu entdecken. Vorbei geht es an Streuobstwiesen, auf denen unter anderem die berühmte „Bühler Zwetschge“ ihre Heimat hat. Auf Tafeln wird die auffällige Rot-Färbung des Bühlertal-Granits ebenso erklärt, wie das traditionelle Bewirtschaften der Reben. 

Denn auch heute noch wird auf etwa 48 Hektar Wein – überwiegend Spätburgunder an den teilweise 800 Jahre alten Rebstöcken – angebaut. Da es sich um eine der steilsten Weinlagen in Europa handelt, ist alles Handarbeit. Und da dies für die Winzer keine lohnende Arbeit ist, hat sich der engagierte „Förderverein Engelsberg“ der Sache angenommen. „Die Terrassen sind aus Trockenmauern und Einzelstockreben. So zeigen wir die traditionelle Anbauform – quasi als lebendiges Naturmuseum“, erklärt Andreas Karcher vom Verein. Karcher wird an diesem Tag auf dem Engelsberg von einer kleinen Wandergruppe begleitet. Mit dabei ist auch Martin Klatt vom Naturschutzbund aus dem Land- kreis Rastatt, der spannende Einblicke in die Fauna und Flora gibt und gerade vor einem kleinen, knörrigen Bäumchen Halt macht. „Die Trauben-Eichen wachsen sehr langsam, weil sie an dieser Stelle auf dem Felsen wurzeln und nur wenig Boden zur Verfügung haben“, erklärt er. Geschätzt sind die Trauben-Eichen mehrere hundert Jahre alt und schaffen es, sich trotz der harten Bedingungen auf dem Granitfelsen zu behaupten.

„Vor allem Kindern wollen wir ein Gespür für die Natur vermitteln“.

(Karl-Heinz Dunker)

Örtliche Vereine, Naturschutzorganisationen und engagierte Privatpersonen – im Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord kommen sie alle zusammen und arbeiten Hand in Hand. Denn als einer der größten Naturparks in Deutschland steht die Schwarzwälder Kulturlandschaft im Mittelpunkt der vielen Aktionen. Diesen „für alle Menschen erlebbar zu machen und gleichzeitig zu schützen“ ist das erklärte Ziel, wie der Geschäftsführer Karl-Heinz Dunker sagt. „Es gibt so viele Tier- und Pflanzenarten im Naturpark. Was wir haben, wollen wir erhalten.“

Ganz besondere tierische Bewohner in dem 3.750 Quadratkilometer umfassenden Gebiet des Naturparks sind Auerhahn und Auerhenne – die scheuen Vögel stehen auf der Roten Liste der bedrohten Arten und zeigen sich nur sehr selten. Auch Rehe, Hirsche, Wildschweine und selten gewordene Wildtiere wie der Kolkrabe, der Dreizehenspecht und der Sperlingskauz haben in dem Wald- gebiet ihr Zuhause. „Vor allem Kindern wollen wir ein Gespür für die Natur vermitteln“, sagt Dunker. So kann der Lebensraum vieler Tiere auf verschiedenen Erlebnispfaden erkundet werden. Mitten durch die Landschaft des Naturparks führt ein flächendeckendes Netz einheitlich beschilderter Wander- und Radwege. Dazu gehören der Baumwipfelpfad in Bad Wildbad, der Flößerpfad im Kinzigtal und die höchste Erhebung des Nordschwarzwalds, die Hornisgrinde.

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Ein umfangreiches Streckennetz finden Radler im Naturpark, hinzu kommen zahlreiche E-Bike-Strecken samt Ladestationen. Und natürlich ist auch für den Gaumen gesorgt: Naturpark-Wirte (zu denen auch das von Peter Schreck betriebene Wirtshaus zur Geroldsauer Mühle gehört) bieten regionale Gerichte an. Deren Zutaten – ob Wild, Forellen, oder Honig – kommen aus dem Schwarzwald. Wer lieber selber kochen möchte, kann sich auf den Naturpark-Märkten und in den Bauernhofläden mit regionalen Produkten eindecken. Einen Blick in den Kalender der Naturparks lohnt sich also.

www.naturparkschwarzwald.de

„Es gibt so viele Tier- und Pflanzenarten im Naturpark. Was wir haben, wollen wir erhalten.“

 (Karl-Heinz Dunker)

Ungewöhnlich und Nachahmenswert

Große Freude beim Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord und dem Förderverein Engelsberg: Denn bei der Verleihung der Weintourismus- Preise Baden-Württemberg wurde der Engelssteig in Bühlertal ausgezeichnet. Als „ungewöhnliches und nachahmenswertes Projekt“ gewann der besondere Wandersteig, der durch eine der steilsten Weinberglagen Europas führt, einen Anerkennungspreis. Es sei „eine ganz besondere Verbindung von Weinbau und Tourismus“, so das Urteil der Jury. Besonders beeindruckend fand sie, wie die verschiedenen Organisationen zusammenarbeiten und gemeinsam an einem Strang ziehen, um das ambitionierte Projekt zu realisieren.

 Rund 4.500 Meter Trockenmauern schlängeln sich den Berg hinauf. Sie sind Lebensraum für seltene Tiere und Pflanzen.

„Die Auszeichnung ist für alle Partner eine große Anerkennung der bisher geleisteten Arbeit. Projekte wie in Bühlertal zeigen, wie ehrenamtliches Engagement unserer Schwarzwälder Kulturlandschaft
zu Gute kommt“, sagte Yvonne Flesch, stellvertretende Naturpark- Geschäftsführerin. Der Engelssteig wurde im April 2014 eröffnet und das Projekt vom Naturpark finanziell unterstützt. Der Erlebniswanderweg bringt Besuchern die Themen Wein, Granit, Holz sowie Landschaftspflege und Naturschutz nahe und bietet auf engem Raum eine Vielfalt von Besonderheiten – darunter Trockenmauern, Felsbildungen und die historischen Einzelstockreben.

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Janina Beuscher