Emotion und Qualität ohne Eitelkeit

Gespräch mit dem Sylter »Sansibar«-Chef Herbert Seckler und Thomas und Roland Mack über Erfolgsrezepte in der Gastronomie, gute Mitarbeiter, Vorbildfunktion und Gefühle

von Horst Koppelstätter

   

Wann sind Sie zuletzt Achterbahn gefahren, Herr Seckler?
Herbert Seckler: Achterbahn ist nicht mein Ding, aber die Piratenbahn bin ich neulich gefahren. Das ist toll, da öffnet sich plötzlich eine eigene unterirdische Welt, wo die Piraten leben ...

   
... gab es da Glücksgefühle?
Seckler: Na ja, ich habe mehr Glücksge-fühle, wenn ich im Restaurant im Hotel „Bell Rock“ bei einem guten Essen sitze ...

   
Thomas Mack, was braucht man, um einen Gast glücklich zu machen?
Thomas Mack: Wichtig ist, dass sich der Gast rundum wohlfühlt. Das beginnt beim Ambiente, beim Personal, der Küche, beim Licht, bei der Musikauswahl. Es sind sehr viele Faktoren, die zusammenspielen und die der Gast zum Teil auch nur unterschwellig wahrnimmt. Wir sitzen hier im „Sansibar“, man kommt rein und fühlt sich wohl, das lässt sich nicht alles erklären ... eine Kerze auf dem Tisch, tolles Essen und der Service ist sowas von locker und entspannt, das passt alles perfekt und ist nicht aufgesetzt. Ich fühle mich hier sofort willkommen. „Sansibar“, das geht von der Currywurst bis zum Chateau Lafite. Hier kann man alles haben.
Seckler: Wir verkaufen beide Emotionen, wir verkaufen Gefühle ... im Europa-Park ist das klasse gemacht. Da bist Du automatisch glücklich ...

 Das Kult-Restaurant „Sansibar“ schält sich aus den Sylter Dünen.

Und wie machen Sie Ihre Gäste glücklich?
Seckler: Wir verstellen uns nicht, wir sind so wie wir sind. Das lieben die Gäste.
Roland Mack: Das kann ein inhabergeführtes Unternehmen natürlich besonders gut. Ein angestellter Manager tut sich da eher schwer ...

   
Aber wie übertragen Sie diese Philosophie, die Euphorie, die Emotionmauf Ihre Mitarbeiter?
Seckler: Wir leben das vor. Ich nenne mal ein Beispiel, was ich im Europa-Park erlebt habe: Da gab es diese neue Holzachterbahn ...
Roland Mack: ... „Wodan“ ...
Seckler: ... ja, genau, am Tag vor der Eröffnung hieß es, meine Frau dürfe mal Probefahren. Jetzt standen da ganz viele Leute, die auch die ersten sein wollten. Und was sehe ich da: Oben steht Roland Mack, froh gelaunt mit seinem weißen Hemd, und begrüßt jeden mit Handschlag. Ja, was soll ich denn da noch erklären ... die Geschichte sagt alles aus! Das sind Vorbilder ...

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... und wie machen Sie es?
Seckler: Ich stehe auch jeden Tag da und begrüße die Gäste. Was ich von meinen Leute verlange, mache ich auch selbst.

   

Wie schwierig ist es, gute Mitarbeiter zu finden?
Seckler: Das ist ein bisschen Glückssache ... wir brauchen eine positive Stimmung. Aber bei uns klappt das recht gut, wir haben mehr Nachfrage nach Stellen als freie Plätze. Das ist alles andere als selbstverständlich in der Gastronomie.
Thomas Mack: Die Mitarbeiter, die wir haben, müssen wir auch pflegen ... ein gutes Verhältnis zu den Mitarbeitern ist enorm wichtig. Das ist hier manchmal wie eine kleine Familie. Der Gast spürt sofort, ob die Mitarbeiter voll hinter ihrem Unternehmen stehen.

   

Sie haben einmal den Satz gesagt: „Mit der Gastronomie allein ist kein Geld zu verdienen“...
Seckler: ... ja klar, in meinem Falle schon. Ich kenne viele Gastronomen von hier bis Garmisch, ich kenne kaum einen, der nur mit der Gastronomie Geld verdient. Die überleben, aber richtiges Geld allein mit Gastronomie zu verdienen, ist ein Problem. Wir haben eine Marke „Sansibar“ aufgebaut. Mit den Textilien verdiene ich im Monat mehr als mit dem Restaurant. Bei allem verkaufen wir Emotionen und Glücksgefühle. Ich will, dass die Menschen mit unseren Weinen und mit unseren Textilien die Assoziation an Sylt, die Nordsee, die Füße im Sand haben und das auf andere Dinge im Alltag übertragen. Ich stehe hinter jedem Teil, das ich hier im Angebot habe.

 Herbert Seckler mit Thomas und Roland Mack im Raritäten-Weinkeller vom Sansibar.

Thomas Mack, was können Sie von Herbert Seckler und seinem „Sansibar“ lernen?
Thomas Mack: Mich faszinieren der ungezwungene Service und gleichzeitig die hohe Qualität. Das ist schon eine Kunst.
Roland Mack: Ich bewundere die konsequente Umsetzung der Marke und das in einer sauberen Wertschöpfungskette. Da können wir auch noch etwas lernen.
Seckler: Wir arbeiten sehr ähnlich in vielen Dingen, wir verkaufen am Tag 3.000 bis 4.000 Essen. Einer von der Familie ist aber immer präsent, wie im Europa-Park. Es gibt sicher bessere Lokale als das „Sansibar“, aber keines mit besseren Gästen. Das ist mein Glück, auf Sylt zu sein. Wir haben viele Parallelen: Roland Mack und seine Söhne laufen den ganzen Tag wie die Tiger durch den Park, das mache ich hier auch. Der Europa-Park ist unglaublich beeindruckend. Ich sehe doch die ganze Arbeit, die dahinter steckt. Da ist alles sauber. Bei der Arthur-Achterbahn ist sogar eine Wand bepflanzt. Das hat mich total begeistert.

Thomas Mack: Aber warum kommen gerade so viele prominente Gäste hierher in das „Sansibar“?
Seckler: Ich behandle alle ganz normal, ich bin nie vor Ehrfurcht in die Knie gegangen. Ganz am Anfang kannte ich die meisten Promis gar nicht ... ich hatte kei- nen Fernseher.

   
Wo bekommen Sie eigentlich die Inspirationen her für Dekoration, Gerichte, Getränke und so weiter?
Seckler: Das bringen bei mir immer wieder junge Köche und neue Mitarbeiter mit. Wenn ich hier etwas geschafft habe, dann ist es der gute Generationswechsel. Ich habe sehr viele junge Mitarbeiter. Wir haben das hier einfacher als der Europa-Park. Dort muss es ständig neue Shows und Attraktionen geben, das brauchen wir hier auf Sylt nicht. Das ist beim „Sansibar“ nicht nötig. Ich schaue einfach, dass wir die besten Produkte haben und fertig ist es. Also Emotionen, Qualität und keine Eitelkeit ... warum sollte ich eigentlich eitel sein? Das wichtigste ist der Gast, er entscheidet! Ein Gast sagt, die Erbsensuppe ist salzig. Das nehme ich sehr ernst, da ist ein Riesentheater in der Küche. Früher bin ich in die Küche und habe schon mal den Topf auf den Boden geschmissen. Da war die Diskussion beendet!

   
Und was macht Thomas Mack, wenn es Beschwerden über die Suppe gibt?
Thomas Mack: Wenn ein Gast sich beschwert, nützen mir die Erklärungen der Mitarbeiter nichts, warum es eigentlich doch schmecken müsste. Wir müssen jeden Gast ernst nehmen. Da sind wir Herbert Seckler sehr ähnlich.

"Wir verstellen uns nicht, wir sind so wie wir sind. Das lieben die Gäste" (Herbert Seckler).

Welche drei Eigenschaften braucht ein guter Gastronom?
Seckler: Kochen können, Delegieren und auch Kontrollieren. Vieles kann man nicht lernen. Man hat es oder man hat es nicht.
Thomas Mack: Sinn für Qualität, für Service, es muss das Gesamterlebnis stimmen. Das kann man nirgends nachlesen, es geht nur übers Vorleben. Ich muss mich selbst wohlfühlen, dann geht es auch dem Gast gut.
Roland Mack: Ein Mitarbeiter ist in einem Familienunternehmen unglaublich gut aufgehoben, er muss aber auch die Macken des Unternehmers, der ständig präsent ist, akzeptieren ...
Seckler: ... mit mir zu arbeiten ist nicht nur schön.

Wenn Sie zum ersten Mal in ein fremdes Restaurant gehen, was essen Sie dort?
Seckler: Früher habe ich immer sehr kritisch gesessen und habe mir da oftmals den Abend verdorben. Meine Frau hat gesagt: ‘Ich gehe mit Dir essen, weil wir einen schönen Abend wollen und nicht, dass Du an allem rumnörgelst!’ Sie hatte recht: Ich habe mir das zu Herzen genommen. Jetzt bin ich schmerzfrei und kann es genießen. Hauptsache es ist schön und ich habe einen schönen Abend.

   
Aber nach welchen Kriterien wählen Sie aus?
Seckler: Das hängt davon ab, wo ich gerade bin und wie viel Hunger ich habe. Das Büffet im Hotel „Bell Rock“ im Europa- Park bekommt eine glatte Eins von mir. Wenn ich wählen könnte, würde ich immer dort essen. Auch das Essen bei der Western-Show im Camp-Ressort ist klasse.

    
Und wie wählt Thomas Mack aus?
Thomas Mack: Ich kann mich meistens nicht entscheiden, ich probiere immer das, was ich noch nicht kenne. Ich bin da sehr experimentierfreudig und würde dann immer gerne noch mehr bestellen, als ich essen kann. Man muss auch wirklich lokale Gerichte essen, das ist ein Stück Kultur eines Landes. Seckler: Ich stelle gerne Köche aus aller Welt ein, gerade neulich einen, der lange in Peru gelebt hat. Ich will das Essen authentisch, so nah wie möglich an der einheimischen Küche. Also beispielsweise thailändische Küche darf dann auch ruhig richtig scharf sein. Da lässt sich am meisten herauslesen.

   
Herbert Seckler, wenn Sie heute etwas Neues anfangen müssten, was würden Sie tun?
Seckler: Ich würde das alles wieder machen. Ich bereue nichts. Ich bin glücklich, wie es ist. Ich habe ein gutes Leben.

Ich bin Herbert
Wenn du vertraust auf dich —
wenn keiner auf dich zählt
und du für die Zweifel noch Verständnis hast
Wenn du auch träumst — mach die Träume nicht zum Meister
Und wenn du denkst,
mach dir Gedanken nicht zum Ziel
Wenn mit Triumph du umgehst
wie mit Unglück,
und hältst von beiden Blendern nicht zu viel

   


Aus: "Das große Sansibar-Buch"