Mit dem Goggomobil zum Weltunternehmen

Der Gründer und Chef des Uhren- und Schmuckunternehmens Chopard, Karl Scheufele, über Familienunternehmen, Verantwortung für die Mitarbeiter und seine Freundschaft zu José Carreras

von Horst Koppelstätter

  

„Wir denken langfristig“, erklärt Scheufele einen Unterschied von einem Familienunternehmen zu Konzernen.

   

Chopard ist ja bis heute ein vollkommen unabhängiges Unternehmen geblieben. Was kann ein Familienunternehmen besser als ein börsennotierter Konzern?

Karl Scheufele: Die Entscheidungen können schneller gefällt werden. Familienunternehmen können auch in bestimmten Situationen agieren, ohne sofort profitorientiert zu sein. Wir denken langfristig und nicht an den schnellen Gewinn der Shareholder. Bei Familienunternehmen ist auch der Erhalt des Unternehmens sehr wichtig. Außerdem setzen wir ganz stark auf den Dienst am Kunden. Wir als Familie können das effizienter umsetzen als Konzernmanager. Wir kennen unsere Kunden zum Teil über Jahrzehnte persönlich,was bei Konzernen oft nicht der Fall ist.


Welche Werte sind Ihnen persönlich wichtig?

Scheufele: Die Grundlage unserer Denkweise ist sicherlich der Erhalt der Arbeitsplätze und auch die Zufriedenheit der Mitarbeiter, die bei uns wesentlich weniger wechseln als in manchen anderen Firmen.

Was treibt Sie an als Unternehmer?

Scheufele: Das Geheimnis unseres Erfolges ist sicher die Nähe zu den Kunden. Ich habe am Anfang alle Kunden selbst besucht, erst später wurde ein Vertrieb aufgebaut. Zug um Zug kamen die Auslandsfilialen. Die erste in Frankreich, die nächste in den USA, dann Großbritannien, Hongkong und so ging es jedes Jahr weiter durch die ganze Welt. Der Kontakt zu den Kunden war und ist bis heute immer da. Das sind meist ja auch Familienunternehmen in der dritten oder vierten Generation. Solche Kontakte sind ein Kapital, die sich ein Newcomer nicht von heute auf morgen erwerben kann. Da reden wir über persönlichen Respekt und auch Freundschaften, die entstanden sind. 

Das ist unglaublich viel wert. Ich bin jedes Jahr von Anfang bis Ende auf der Schmuckmesse in Basel. Inzwischen haben wir mehr als 50 große Partner auf der ganzen Welt. Fast alle kenne ich persönlich und habe sie auch vor Ort besucht.


Wie ist es mit dem Produkt. Wie gelingt es, Jahr für Jahr eine sehr erfolgreiche Kollektion auf den Markt zu bringen?

Scheufele: Wir lassen uns sehr stark von den Kunden inspirieren und beraten. Letztlich entscheidet der Kunde.


»Die Kreativität ist eine unserer großen Stärken. Manchmal sind wir sogar zu kreativ.«
(Karl Scheufele)

 Auch Weltstars wie Anna Netrebko schmücken sich gerne mit den Schmuckstücken aus der Chopard-Kollektion.

... aber Sie haben ja auch einen Stab von Designern und Kreativen ...

Scheufele: Wir haben 14 Designer, die gemeinsam mit meiner Tochter Caroline und meinem Sohn Karl-Friedrich die Linie festlegen. Dazu kommen noch Ingenieure und Designer für Herrenuhren. Das geht jetzt bis zur Kreation eines eigenen Uhrwerks. Das ist eine sehr lange Planung, die manchmal drei bis fünf Jahre dauert. Wir müssen bei Uhren zwei bis fünf Jahre im Voraus denken. Beim Schmuck ist das anders. Da wechselt die Kollektion viel schneller, da müssen wir oft sehr flink sein. Meine Tochter ist da unglaublich aktiv und erkennt die Trends sehr schnell und entwickelt die Modelle selbst mit ihrem Team. Die Kreativität ist unsere große Stärke. Manchmal sind wir zu kreativ. Wir schwören uns immer, nächstes Jahr bringen wir weniger Neuheiten, also höchstens 50, dann sind es doch wieder über 70.

Für Sie ist ja auch das soziale Engagement ein großes Thema. Ein Beispiel ist die „José Carreras Leukämie-Stiftung“. Was bedeutet für Sie das soziale Engagement?

Scheufele: Ich finde, wer Erfolg hat und es sich leisten kann, sollte etwas davon abgeben für andere Menschen. José Carreras ist ein sehr guter Freund unserer Familie. Ich weiß genau, dass jeder Euro, der gespendet wird, auch direkt zum Einsatz kommt und nicht in irgendwelchen Verwaltungen versickert. José Carreras kontrolliert alle Projekte selbst. Die Erfolge sind sehr groß und das bei einem extrem kleinen Verwaltungsaufwand. Das spüren auch die Spender. Das gilt das ganze Jahr über, nicht nur bei der großen Gala, die nun seit 20 Jahren im Dezember stattfindet. José Carreras habe ich bereits 1987 in Wien kennengelernt und seither verbindet uns eine Freundschaft. Wir haben viele Aktionen und Konzerte mit ihm organisiert, deren Erlös vollständig an die „José Carreras Leukämie-Stiftung“ gegangen ist.


»Ich finde, wer Erfolg hat und es sich leisten kann, sollte etwas davon abgeben für andere Menschen. Jose Carreras ist ein sehr guter Freund unserer Familie.«
(Karl Scheufele)

 Scheufele übergibt eine große Spende an die „José Carreras Leukemie-Stiftung“.

Was schätzen Sie besonders an José Carreras?

Scheufele: Dass er einer der erfolgreichsten und besten Tenöre der Welt ist, weiß jeder. Er hat eine besondere sanfte Stimme, die man sofort erkennt. Als Mensch ist er unglaublich herzlich, großzügig und pflichtbewusst und auch pünktlich wie ein Schweizer Uhrmacher. Er ist ein herzensguter Mensch. Man muss oft aufpassen, dass er nicht ausgenutzt wird. Wir können glücklich sein, eine solche Persönlichkeit als Freund zu haben ...


Wie hat es Ihnen im Europa-Park gefallen?

Scheufele: Wir haben uns sehr wohlgefühlt. Ich war dank José Carreras mehrfach im Europa-Park. Meine Kinder und Enkelkinder waren schon häufiger da. Ich schätze das Werk der Familie Mack sehr.

Ich finde es bewundernswert, was in Rust entstanden ist aus kleinsten Anfängen. So ein Areal – auch noch mit fünf Luxushotels – ist einmalig. Und die Familie Mack ist dennoch auf dem Boden geblieben, das gefällt mir besonders gut. Da kommen die badischen Charaktere zum Durchbruch. Die Macks heben nicht ab, sondern arbeiten alle täglich mit am Erfolg. Wir haben deutlich auch die Verantwortung für tausende von Mitarbeitern gespürt. Das ist typisch für Familienunternehmen. Da gehörte ja wirklich Mut dazu, vor 40 Jahren mitten im Nowhere so ein Reich aufzubauen. Die Organisation im Hotel war immer erstklassig, José Carreras und wir haben uns rundum wohlgefühlt.

Sie sind ein großer Freund von Oldtimern. Wie hat sich diese Leidenschaft entwickelt?

Scheufele: Ich war immer schon autobegeistert. Als junger Mann konnte ich mir meine Traumautos alle nicht leisten. ich fuhr ein feuerrotes Goggomobil und dann habe ich einen VW-Käfer bekommen, mit dem ich Geschäftsreisen bis nach Oslo oder Stockholm quer durch Europa gemacht habe. Dann kam ein 190er Mercedes. Mein Traumauto war der 300 SL Roadster Mercedes, ein Flügeltürer, das war weit weg und unerschwinglich. Irgendwann, so Mitte der 70er Jahre, konnte ich mir diesen 300 SL kaufen – bei einem Oldtimerhändler. Rückblickend war das eine sehr gute Investition. 

Das fiel dann in die Zeit, in der wir von Pforzheim nach Genf umzogen. Dort haben wir ein Haus gefunden und das war wichtiger als der Oldtimer und ich wollte das Auto verkaufen. Ich setzte hier in Pforzheim eine Anzeige in die Zeitung und schon nach kurzer Zeit meldete sich ein Interessent bei meiner Sekretärin, der das Auto kaufte. Erst später habe ich erfahren, dass es mein Schwiegervater war, der das Auto kaufte und uns später mit der Bemerkung zurückgab ... „Karle , solch ein Auto verkauft man nicht ...“ So habe ich mein Traumauto heute noch immer. Inzwischen sind noch ein paar andere Oldtimer dazu gekommen. Ich fahre immer noch jedes Jahr die legendäre Mille Miglia mit meinem 300 SL mit.

Chopard mit über 2.000 Mitarbeitern

Der Name Chopard steht heute für weltweit exklusive Uhren- und Schmuckkollektionen. In vier
Produktionsstätten, zwölf Vertriebsniederlassungen, 156 Boutiquen, davon 65 eigenen, sind
weltweit mehr als 2.000 Mitarbeiter beschäftigt. 1877 gründete Karl Scheufele I. in Pforzheim
die Firma Scheufele, die sich auf hochwertige Schmuckuhren spezialisiert hatte. 1963
übernimmt sein Enkel, Karl Scheufele III., die renommierte Uhrenmanufaktur Chopard im
schweizerischen La Chauxde-Fonds. Karl Scheufele führt zusammen mit seiner Frau Karin Chopard
aus kleinen Anfängen zu einem Weltunternehmen.